Einleitung
Im reichsstädtischen Losungamt mit Sitz im Rathaus hat es im Privilegi Cämmerlein oder in der Unteren Losungstube 3 große, in (Schub)Laden unterteilte Archivschränke gegeben, deren Inhalt folgendermaßen benannt worden ist:
39 Laden
35 Neue Laden
153 Laden der 7 Alphabet
Die 39 Laden waren mit einer doppelten Buchstabenkombination gekennzeichnet (SS/A ? E, KA/ A ? E usw.) und enthielten alle "Kaiserlichen und Königlichen Privilegien und Begnadungen, auch andere briefliche Urkunden und Originalien" von 1219 bis 1800. In den Jahren 1893 und 1907/08 wurde dieser große Fond von annährend 1.800 Urkunden, von denen der Archivar Roth 1853/54 insgesamt 106 wertvolle Kaiserurkunden gestohlen hatte, von Dr. Hans Petz und Albert Gümbel chronologisch gereiht, regestiert und systematisch aufgeteilt in die neuen Bestände "Kaiserliche Privilegien" (Rep. 1a) sowie "Päpstliche und fürstliche Privilegien" (Rep. 1b).
In den von 1 bis 35 nummerierten 35 Neuen Laden hatte man "Brief und Schriften" aus dem 14. bis 18. Jahrhundert vor allem über die Stadtsteuer, Judensteuer, Dienstverträge der Stadt mit Söldnern, Juristen, Medizinern usw. verwahrt. Zwischen 1904 und 1912 sind diese über 3.400 Urkunden von Dr. Georg Schrötter chronologisch gereiht, regestiert und neu aufgestellt worden (Rep. 2a).
In der Bedeutung weniger herausragend waren "Brief und Schriften", die in insgesamt 153 Laden (später 157 Laden) verwahrt wurden, die aber mit annähernd 5.300 Dokumenten aus der Zeit von 1331 bis 1798 den größten Umfang ausmachten. Auch hier hatte Ernst Roth 1853/54 insgesamt 114 Urkunden gestohlen, die leider ebenfalls unwiederbringlich verloren sind. Diese 153 Laden waren nach 7 Kategorien in folgenden Farben unterschieden "Weiß - Grün - Rot - Gelb - Braun - Blau - Schwarz" und innerhalb der Kolorierung mit den 21 bzw. 22 Buchstaben des Alphabets (ohne J, U und W) gekennzeichnet. Deshalb nannte man den großen, hauptsächlich aus Urkunden bestehenden Fonds Siebenfarbiges Alphabet. Die einzelnen Dokumente wurden nach einer Kombination aus Farbe-Buchstabe-Nummer abgelegt, worüber ein Findbuch aus dem Jahr 1622 detailliert Auskunft gibt (z.B. Grün Q 1, Schwarz L 46). Allerdings ist es dem Registrator Christoph Gugel nicht gelungen, die in den 153 Laden einsortierten Urkunden und wenigen Aktenstücke inhaltlich zusammenzufassen. Die wenigsten Schriftstücke in den jeweiligen Laden haben einen sachlichen Zusammenhang. Auch deshalb hat Dr. Georg Schrötter um 1910 den sehr umfangreichen Fonds aufgelöst und die 5076 Urkunden aus der Zeit von 1331 bis 1798 chronologisch gereiht, regestiert und neu aufgestellt (Rep. 2b).
Bei dieser Maßnahme ist ein größerer Stapel an Schriftstücken, Akten und Geheften übrig geblieben, der nach klassischer Definition nicht als Urkunde gilt, sondern entsprechend der Archivalien-Typologie zu einem Aktenselekt zusammengefasst wurde. Deshalb hat Otto Geiger im Jahr 1913 einen neuen Bestand unter der Bezeichnung Siebenfarbiges Alphabet, Akten gebildet, erschlossen und dabei erstmals eine inhaltliche Gliederung nach folgenden Kriterien vorgenommen:
- Deutscher Orden 1-4
- Einungen und Städtebündnisse 5-13
- Fehden 14-35
- Finanzen 36-53
- Militärsachen 54-58
- Mühlen und Schmelzwerke 59-64
- Rechnungen 65-78b
- Religionssachen 79-89
- Statistik 90-96
- Steuerwesen 97-102
- Stiftungen 103-104
- Westfälisches Gericht 105-107
- Wald 108-112
- Zollwesen 113-118
- Verschiedenes 119-249.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden diesem Bestand teilweise provenienzwidrig einige Archivalien zugeordnet (z.B. 78a, 206-209, 236-239, 242, 249). Andererseits sind einige wieder entnommen und bei anderen Beständen eingereiht worden (73, 176, 235 ? Rst. Nbg., Ämterrechnungen; 229 ? Rst. Nbg., Karten und Pläne; 186 ? Bildsammlung; 230-232, 235 ? StA Würzburg). Am Fach haben die 249 Archivalieneinheiten (darin jedoch Lücken!) einen Umfang von ca. 3,4 Laufmetern.
Wegen der teilweise sehr hohen historischen Bedeutung einiger Dokumente wurden in das Findbuch immer wieder Nachträge und detaillierte Beschreibungen eingefügt, darunter insbesondere in den 1950er Jahren von dem Bamberger Kirchenhistoriker Dr. Josef Kraus.
Die vielen Überschreibungen und Überklebungen in dem mittlerweile über 100 Jahre alten, stark abgegriffenen handschriftlichen Findbuch veranlassten im Jahr 2017 Frau Gerlinde Maushammer dazu, dieses zu retrokonvertieren. Nach Eingabe in die archivinterne Datenbank ist dank Online-Recherche eine stärkere Beachtung dieser wertvollen Überlieferung zu erwarten. Außerdem hat Frau Maushammer bei dieser Gelegenheit den Bestand revidiert und am Fach sachgerecht neu verpackt.
Nürnberg, Mai 2017
Prof. Dr. Peter Fleischmann
Literatur: Peter Fleischmann: Der größte Diebstahl in der bayerischen Archivgeschichte - Die "Rothschen Veruntreuungen" im Archiv-Konservatorium Nürnberg (1853/54), in: JBHVMfr 104(2016), S. 601-613.