Einleitung
1. Die Landkommende Ellingen
Im Jahr 1216 wurde das wohl um 1180 von Walter und Kunigunde v. Ellingen gestiftete Spital an der schwäbischen Rezat nördlich von Weißenburg dem Deutschen Orden übergeben und unter kaiserlichen Schutz gestellt. Das im 13. Jh. mit Schenkungen und Ankäufen gewachsene Haus wird, wohl nicht zuletzt wegen seiner Lage zwischen Franken und Bayern, zum Sitz des erstmals 1268 belegten Landkomturs der Ballei Franken (Schwaben und Bayern). Unter den 22 Kommenden der Ballei nahm die Landkommende Ellingen somit die erste und gleichzeitig eine landesherrliche Stellung ein. Eine verfassungsrechtlich komplizierte Situation ergab sich nach 1525, als der bisher in Horneck am Neckar residierende Deutschmeister nach der Zerstörung der dortigen Burg als neuen Sitz die Kommende Mergentheim wählte. Da im selben Jahr der Hochmeister Albrecht von Brandenburg(-Ansbach) sein Amt niederlegte und sich vom polnischen König mit den nunmehr säkularisierten, preußischen Ordensgebieten als Herzog von Preußen belehnen ließ, wurde dem Deutschmeister zunächst der Titel "Administrator des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeister" und seit 1598 "Hoch- und Deutschmeister" übertragen. Als Ordensoberhaupt und Inhaber der Reichsstandschaft (seit 1494) sowie der fränkischen Kreisstandschaft (seit 1517/38) war der Deutschmeister somit zugleich Untertan des fränkischen Landkomturs, der die Landeshoheit auch über die Kommende Mergentheim innehatte.
Die Zentralverwaltung der Ballei Franken war in der Landkommende Ellingen angesiedelt und mit dieser strukturell verbunden. Für ein kleineres frühneuzeitliches Territorium war sie den Normen der Zeit entsprechend aufgebaut. Als höchstes administratives und judikatives Organ der zentralen Verwaltung fungierte die Balleikonferenz, in der "die eigene, den Hohen Orden und die Balley, dann die darunter sortirende Commenden und Häuser ohnmittelbahr betreffende, civil und peynliche Process, weniger nicht die in das Cameral, Contributions, Policey und Lands Verfassungswesen einschlagende sachen verhandelt" wurden (Konferenz- und Kanzleiordnung von 1749, Landkommende Ellingen 63). In ihr waren neben dem vorsitzenden Obergerichtsverwalter weitere sieben Balleiräte vertreten, u.a. der Direktor der Kanzlei und der Revisor der Balleikasse. Als Behörden der Finanzverwaltung waren die Balleikasse, das Kontributionsamt und das Trisoleiamt für die Einnahme direkter und indirekter Steuern sowie für die Domänenverwaltung zuständig. Eine den Landkomtur beratende Stellung nahmen als sogenannte Ratsgebietiger die übrigen fränkischen Komture ein, die auch bei Stellenbesetzungen ihr Urteil abgaben.
Von dem unter dem Komtur Karl Heinrich v. Hornstein (1668-1745) zum repräsentativen Residenzort ausgebauten Ellingen wurden auch die Ämter Absberg (1647 nach Aussterben des gleichnamigen Adelsgeschlechts durch kaiserliche Lehenexspektanz erworben), Ederheim, Hürnheim-Niederhaus, Lierheim, Mühlauhof, Reimlingen mit dem Kastenamt Nördlingen (1283 von den Grafen v. Oettingen), Röttenbach und Stopfenheim erworben. Die Hochgerichtsbarkeit konnte - neben dem erst 1647 erworbenen Obervogteiamt Absberg - nur in den geschlossenen Markungen Ellingen und Stopfenheim behauptet werden.
1789 erfolgte aufgrund finanzpolitischer Erwägungen sowie administrativer Rationalisierungsbestrebungen die Inkorporation der infolge zu ambitionierter Territorialisierungspolitik hochverschuldeten Ballei Franken in das Meistertum Mergentheim und die Umwandlung in ein Oberamt, womit Ellingen den ehemals nachgeordneten Kommenden (wie Nürnberg und Virnsberg) als Mittelbehörde gleichgestellt wurde (Instruktion zur Einrichtung des Oberamts (Nr. 50). (Daran änderte auch die beibehaltene Titularbezeichnung Landkomtur nichts.) Bei den zugehörigen Ämtern trat dagegen keine Änderung ein. Als Folge dieser Inkorporation verlagerten sich die Kompetenzen nach Mergentheim, weshalb 1789 bis 1806 viele Verwaltungsunterlagen (v.a. unter dem Archivar Wenzel Polzer) dorthin abgegeben wurden. 1796 okkupierte Hardenberg wegen des mit Brandenburg-Ansbach letztendlich nicht geklärten Anspruchs auf Landeshoheit den Großteil des Oberamts Ellingen militärisch, was die Gerichts- und Gefällerechte des Deutschen Ordens allerdings nicht tangierte.
Waren die Gebiete des Deutschen Ordens von der Säkularisation im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 noch verschont geblieben, so wurden sie doch im Umfeld der Rheinbundakte 1806 teilweise mediatisiert und dem Haus Österreich zugeschlagen. Bayern hatte allerdings schon im November 1805 neben der Kommende Ulm auch die Ämter Würzburg, Münnerstadt und Postbauer sowie die in seinem Bereich liegenden Güter der Ämter Nürnberg, Ellingen, Gelchsheim und Aub sowie Nördlingen-Reimlingen besetzt; Blumenthal, Gangkofen und Regensburg folgten. Auch eine Reihe von Kommenden und Ämtern der Ballei Elsaß und Burgund sowie Koblenz und Alten-Biesen kamen unter bayerische Hoheit.
Am 24. April 1809 hob Napoleon den Deutschen Orden in den Staaten des Rheinbundes auf (in den habsburgischen Erblanden blieb er weiterhin bestehen), legalisierte die bayerischen Besetzungen und machte den Weg für die Besitzergreifung Mergentheims durch das Königreich Württemberg frei. Diese erfolgte am 7./13. Juni 1809, was zu einem regelrechten Volksaufstand für die alte Herrschaft führte, der aber von württembergischem Militär blutig niedergeschlagen wurde.
Im Juli desselben Jahres wurde das Oberamt Ellingen mit den nachgeordneten Ämtern vom Königreich Bayern offiziell übernommen. Den Residenzort mit Schloss und etlichen Zugehörungen (u.a. auch das ehemals brandenburg-ansbachische Amt Wettelsheim) schenkte König Max I. Joseph am 18. März 1815 seinem in den Fürstenstand erhobenen Feldmarschall Carl Philipp v. Wrede als standesgemäße Residenz. Das neu gebildete Herrschaftsgericht Ellingen wurde zum 1.10.1852 in ein Landgericht (älterer Ordnung) umgewandelt.
2. Überlieferungsgeschichte
Die Geschichte der fränkischen Deutschordensarchive und -registraturen ist relativ kompliziert. Durch die oben erwähnte Verwaltungsreform von 1789 wurde die Ballei Franken in das Deutschmeistertum eingegliedert und die Landkommende Ellingen in ein Oberamt umgewandelt. Das bisherige Balleiarchiv in Ellingen wurde mit dem Archiv des Meistertums in Mergentheim vereinigt. Zudem zentralisierte der Archivar Wenzel Polzer auch einen Großteil der Kommendeüberlieferungen aus Ellingen, Nürnberg und Virnsberg in Mergentheim.
Nach der Säkularisation und der Inkorporation der fränkischen, bayerischen und teilweise der schwäbischen Deutschordensgebiete in das Königreich Bayern 1806/09 wurde das Gebiet um Ellingen zunächst Teil des Rezatkreises. Das hier verbliebene Registraturgut wurde von den bayerischen Nachfolgebehörden bzw. vom wredischen Herrschaftsgericht Ellingen aufgenommen oder nach Dillingen in das regionale Archivkonservatorium gebracht. Dillingen wurde in der Folge zum bayerischen Hauptarchiv für Aktengut des Deutschen Ordens, insbesondere weil hier der inzwischen in bayerische Dienste übernommene Archivar Polzer tätig war. Er übernahm 1819 eine große Abgabe aus Mergentheim und 1821 eine weitere aus Stuttgart. Hierhin waren 1809/10 Württemberg betreffende Archivalien aus Mergentheim verbracht worden, darunter auch solche, deren Pertinenzen wenig später wieder bayerisch geworden waren. 1830 wurde das Dillinger Konservatorium in Neuburg a.d. Donau mit der dortigen Depotregistratur vereinigt und 1876 zum Kreisarchiv Neuburg aufgewertet. In den folgenden zwanzig Jahren verteilte man die hier konzentrierten Archivalien der fränkischen und bayerischen Kommenden und Ämter (nach Ortspertinenzen) auf die zuständigen Archive, weshalb 1896 auch Nürnberg eine erste Abgabe aufnahm.
Neben Dillingen nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch das Reichsarchiv in München Archivalien des Deutschen Ordens auf, konzentrierte sich aber auf ausgewählte Stücke, die sog. "Literalien". Erst im Zuge der 1978 getroffenenen Entscheidung, die in München gesammelten Bestände nach dem Provenienzprinzip an die Staatsarchive zu verteilen, gelangten diese Akten und vor allem Amtsbücher nach Nürnberg. Nach dem Umzug des Staatsarchivs Neuburg 1989 nach Augsburg wurden schließlich auch die restlichen Archivalien der schwäbischen Ämter mittelfränkischer Kommenden (dem historischen Provenienzprinzip folgend) 2002 an das Staatsarchiv Nürnberg abgegeben.
Wie auch die vorhandenen Altrepertorien und Aktenverzeichnisse zeigen, ist ein Großteil der Überlieferung vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der territorialen und administrativen Verschiebungen verloren gegangen - Aufschluss darüber geben z.B. die Bemühungen der Regierung des Rezatkreises um das Registraturgut des Oberamts Ellingen, das vom Herrschaftsgericht Wrede übernommen worden war: Als nach 22jährigem Schriftwechsel die Unterlagen 1839 endlich übernommen werden konnten, war ein Großteil der Registratur aus unbekannten Gründen verschwunden (vgl. H.-H. Hofman: HAB WUG, S. 1f).
Der Bestand "Landkommende Ellingen" umfasst somit die Rechnungsregistraturen der Balleikasse, der Bauschreiberei, des Kontributions- und des Trisoleiamts sowie die Registratur der Obergerichtsverwalterei und natürlich das Hauptarchiv der Landkommende selbst. Er wurde aus den in nachstehenden Beständen (Abgabegemeinschaften) von Jens Martin M.A. und Jürgen Wyschkon ermittelten Akten, Bänden und Rechnungen herausgelöst und neu gebildet:
Rep. 205ad, Deutschorden, Literalien
StA Amberg (Abg. 2001), Beziehungen zum Deutschen Orden
Rep. 205, D.O. Comend. Absberg
AG Ellingen, Abg. 1934
AG Ellingen, Stammbestand
AG Heidenheim
AG Hilpoltstein, Abgabe 1954
AG Pappenheim
AG Weißenburg, Abg. 1934
AG Windsheim
HG Ellingen, Grundakten
LG ä. O. Gunzenhausen, Grundakten
Nachlass Hanns Hubert Hofmann
Rep. 122, Fürstentum Ansbach, Salbücher
Rep. 139 a, Fürstentum Ansbach, Ansbacher Archivakten
Rep. 205, D. O. Comd. Ellingen
Rep. 205, D. O. Comd. Eschenbach
Rep. 205, D. O. Comd. Nürnberg
Rep. 205, D. O. Comd. Oettingen
Rep. 205, D. O. Comd. Virnsberg
Rep. 205, Deutschord. Comd. Ellingen
Rep. 205, Obervogtamt Dinkelsbühl
Rep. 212 / 3 / I, BA Dinkelsbühl
Rep. 212 / 11 / I, BA Hilpoltstein
Rep. 212 / 18 / III, BA Uffenheim, 17. Abg. 1929
Rep. 212 / 19 / I a, BA Weißenburg
Rep. 225 / 6 II, Reichsstadt Dinkelsbühl
Rep. 225 / 24 / I, RA Schwabach
Rep. 235 / 6 / II, AG Ellingen, Abg. 1934
Rep. 236 / 5, LG ä.O. Ellingen
Rep. 236 / 16, LG ä.O. Pleinfeld
Rep. 270 / I, Reg. v. Mfr., K.d.I., Abg. 1900
Rep. 270 / II, Reg. v. Mfr., K.d.I. Abg. 1932, Titel X
Rep. 270 / II, Reg. v. Mfr., K.d.I. Abg. 1932, Titel XIV
Rep. 271 / III, Reg. v. Mfr., K.d.Fin., Abg. 1909
StA Amberg (Abg. 2001), Amt Neumarkt
StA Amberg (Abg. 2001), Beziehungen zum Deutschen Orden
StA Amberg, Regierung K.d. Innern,
StA Augsburg (Abg. 2002), Amt Neuhofenfels, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Amt Nördlingen, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Deutschritter-Orden, Amt Ederheim, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), Deutschritter-Orden, Amt Lierheim, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), Deutschritter-Orden, Amt Mühlauhof, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), Deutschritter-Orden, Amt Niederhaus (Hirnheim), Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), Deutschritter-Orden, Amt Nördlingen, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), DO, Kommende Ellingen, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), DO-Kommende Ellingen, Amt Nördlingen, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Blumenthal, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Donauwörth, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Kapfenburg, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Nürnberg, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Oettingen, Akten
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Ulm, Akten
StA Würzburg (Abg. 2010), G-Akten
StA Würzburg (Abg. 2010), Gericht Schweinfurt
StA Würzburg (Abg. 2010), OLG Bamberg (Abg. 1937)
BayHStA (Abg. 2011), Landshuter Abgabe 1982, Ellingen / Mergentheim
StA Augsburg (Abg. 2002), DO-Kommende Ellingen, Amt Nördlingen, Akten
Abgabe BayHStA 2011 (Landshuter Abgabe 1982, Ellingen/Mergentheim):
StA Landshut, Rep. 97 b / 4, Nr. 87 / 29; Abgabe des Rentamts Eggenfelden 1867
StA Landshut, Rep. 157
StA Landshut, Rep. 168 / 1, Faszikel 1827
StA Landshut, Rep. 168 / 4, Faszikel 505, aus Nr. 191
3. Bestandsstruktur und Findbuch
Der Bestand enthält insgesamt 4277 Archivalien, die nach einem neu entworfenen, sowohl die Behördenprovenienzen als auch die jeweiligen Aufgabengebiete berücksichtigenden, Thesaurus gegliedert wurden. Die erste Hauptgruppe bildet dabei die Regierung (=Balleikonferenz) mit den Betreffen Außenbeziehungen, Innere Verwaltung, Rechtsprechung, Geistliche Verwaltung sowie Finanz- und Domänenverwaltung. Ein weiterer Großteil der Überlieferung geht auf die Obergerichtsverwalterei zurück (erkennbar an der römischen Kistennummerierung), die mit niederer und freiwilliger Gerichtsbarkeit befasst war. Es folgen mit dem Kontributionsamt und der Balleikasse, dem Trisoleiamt sowie dem Bauamt verschiedene Organe der Finanzverwaltung, deren Überlieferung beinahe ausschließlich aus insgesamt rund 925 Rechnungen besteht. Vor allem die Rechnungen des Trisoleiamt stellen dabei eine Gegenüberlieferung zu den in den Kommende- und Ämterbeständen überlieferten Rechnungen dar. Diese Rechnungen wurden im Amt geführt, am Ende des Rechnungsjahres ins Reine geschrieben und zur Überprüfung an das Trisoleiamt der Landkommende Ellingen als übergeordnete Instanz gesendet ("Original"), während der Entwurf ("Rapular") im Kastenamt verblieb. Nach Beantwortung eventueller Beanstandungen des Trisoleiamts wurde die Rechnung dort nochmals "abgehört" und das bewilligte ("justifizierte") Exemplar an die Kommende bzw. das Amt zurückgesendet. Das zweite Exemplar ("Duplikat") wurde hingegen im Trisoleiamt behalten.
Da die in den Kommenden und Ämtern gebildeten Serien der justifizierten Exemplare jedoch nicht immer vollständig sind, wurden sie durch Originale und Duplikate ergänzt, die provenienzgemäß eigentlich dem Bestand "Landkommende Ellingen" zugeordnet werden müssten.
Der Bestand wurde von Jürgen Wyschkon verzeichnet, formiert und tektiert. Die zeitgenössischen Aktenbetreffe wurden dabei aus arbeitsökonomischen Erwägungen übernommen. Johannes Staudenmaier besorgte leichte Vereinheitlichungen und Korrekturen des Findbuchs und passte es für die digitale Veröffentlichung dem EAD-Standard an.
4. Ergänzende Bestände
Zur Erforschung der Landkommende sind die Überlieferungen der untergeordneten Kommenden und Ämter ebenso ergänzend heranzuziehen wie die Provenienzen des Meistertums Mergentheim. Ferner sei auf den Urkundeselekt des Deutsch