Einleitung
Mit der Abdankung des Markgrafen Christian Friedrich Carl Alexander (1736-1806) am 2. Dezember 1791 fielen die Fürstentümer Bayreuth und Ansbach an die preußische Linie der Hohenzollern. Nach einer Reform der Zentralbehörden 1792/95 wurden unter Federführung des Ministers Karl August von Hardenberg (1750-1822) auch die Mittel- und Unterbehörden grundlegend neu geordnet. Bis zu diesem Zeitpunkt existierte im Bayreuther Fürstentum eine Vielzahl an Vogtei-, Richter-, Kasten-, Kloster-, Stifts- und Pfründämtern sowie Amtsverwaltungen. Die neue Ordnung, die zum 1. Juni 1797 in Kraft trat, sah eine Einteilung in Kreise sowie die Aufteilung von Verwaltung und Justizwesen auf unterschiedliche Ämter vor. Zwischen den Ämtern wurde eine klare Grenzziehung vorgenommen. Das Bayreuther Fürstentum wurde in sechs Kreise (s. Kreisdirektorien) eingeteilt, die an die Stelle der früheren Amtshauptmannschaften und Oberämter traten. Unterhalb der Kreise wurden zunächst 17 Kammer- und Justizamtsbezirke eingerichtet. Die Justizämter waren für Fragen des Rechtswesens zuständig. In größeren Städten (eximierte Hauptstädte Bayreuth, Hof, Kulmbach, Wunsiedel, Erlangen, Neustadt an der Aisch und Windsheim sowie Creußen und Weißenstadt) wurde die Rechtsprechung von Stadtgerichten ausgeübt. Urteile und Gutachten in Kriminalvergehen waren dem I. Senat der Regierung vorbehalten. Außerdem gehörte zu den Aufgaben der Justizämter die Aufsicht auf Landesgrenzen und Erhaltung der Hoheitsrechte, die Publikation von Verordnungen und Gesetzen sowie die untere Aufsicht auf Kirchen und Schulen. In ihren Zuständigkeitsbereich fielen auch Vormundschaften und Hypothekenwesen. Gemeinsam mit den Kammerämtern waren sie an Güterverkäufen, Belehnungen von Untertanen, Konsenserteilungen, Güterzerschlagungen und Zwangsversteigerungen beteiligt. Die Justizämter führten auch die Registraturen der Forstämter. Neben Justizämtern und Stadtgerichten bestanden Patrimonialgerichte, die den bisherigen Inhabern von Gerichtsrechten nach Anerkennung der preußischen Landeshoheit zugestanden wurden (Überlieferung Teil der Adelsarchive bzw. in Abgabegemeinschaft bei den Amtsgerichten). Solange diese unterblieb, wurden benachbarte Gerichte (in Erlangen: Kreisfiskalat) als Sequester der Patrimonialgerichte mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit beauftragt.
Infolge des preußisch-bayerischen Landesvergleichs vom 30. Juni 1803 kam es zu umfangreichen Grenzbereinigungen. Neben ganzen Ämtern wurden anhand einer festgelegten Linie auch zahlreiche kleinere Herrschaftsrechte getauscht. Im Laufe der Jahre 1804 und 1805 fanden die offizielle Übergaben statt, bei denen auch ein weitreichender Aktentausch durchgeführt wurde. Für die größeren Herrschaftskomplexe wurden neue Kammer- und Justizämter eingerichtet. Die ehemalige Reichsstadt Windsheim erhielt den Status einer eximierten Stadt. Die übrigen Orte wurden den benachbarten Justiz- und Kammerämtern eingegliedert. Weitere Veränderungen erfuhr die Verwaltungsgliederung durch die im Pariser Friedensvertrag zwischen Frankreich und Preußen vom 15. Februar 1806 festgeschriebene Abtretung des Fürstentums Ansbach an Bayern, infolge dessen einige bisher Ansbach unterstellten Ämter dem Bayreuther Fürstentum zugeordnet wurden. Mit Beginn des Krieges zwischen Preußen und Frankreich 1806 besetzten französische Truppen das Fürstentum Bayreuth. Im Frieden von Tilsit vom 9. Juli 1807 trat Preußen Bayreuth offiziell an Frankreich ab. Künftig unterstand es als „pays reservé“ unmittelbar dem französischen Kaiser. Im Pariser Vertrag vom 28. Februar 1810 überließ Napoleon das Fürstentum Bayreuth gegen eine Entschädigung dem Königreich Bayern. Bis zur Anpassung an die bayerische Verwaltungsordnung blieben die Mittel- und Unterbehörden noch übergangsweise bestehen. Die Justizämter und Stadtgerichte wurden zum 1. März 1812 von den Landgerichten und (bayerischen) Stadtgerichten (ä.O.) abgelöst.
Die Überlieferung der Justizämter stammt zu einem großen Teil aus Abgaben der Amtsgerichte, die als Nachfolger der preußischen bzw. französischen Ämter entsprechendes Schriftgut ihres Zuständigkeitsbereichs übernommen hatten. Im Rahmen der seit 1990 laufenden Neuordnung der Bayreuther Bestände wurden sie neu verzeichnet und nach Einheitsaktenplänen geordnet. Integriert wurden auch die bisher als Selekte aufbewahrten Amtsbücher (A 222) und Ämterrechnungen (A 233/I u. II) sowie bisher unverzeichnetes Schriftgut. Ein großer Teil der Überlieferung des Bayreuther Unterlandes war bisher im Staatsarchiv Nürnberg aufbewahrt und wurde im Rahmen der Beständebereinigung zwischen den bayerischen Staatsarchiven abgegeben. Akten und Amtsbücher, die von den nachfolgenden Behörden weitergeführt wurden, sind bei den bayerischen Beständen (auch im Staatsarchiv Nürnberg und Amberg) zu finden. Das 1990 von Dr. Gerhard Rechter begonnene Projekt wurde maßgeblich durch die langjährige Arbeit von Dr. Stefan Nöth vorangebracht. Die Leitung der Abschlussarbeiten lag bei Dr. des. Johannes Haslauer (2018-2022). Projektbearbeiter waren Dr. Gerhard Rechter, Dr. Stefan Nöth, Dr. Johann Pörnbacher, Dr. Daniel Burger, Johannes Hasselbeck M.A., Christian Chandon M.A. und Miriam Mulzer M.A.
Justizamt Kulmbach
Das Justizamt Kulmbach gehörte zum Kulmbacher Kreis und umfasste das ehemalige Stadtvogteiamt Kulmbach und die Vogteiämter Seibelsdorf und Wirsberg. Für die Stadt Kulmbach war ein eigenes Stadtgericht zuständig.
Nach dem Landesvergleich mit Preußen 1803 wurde die Gefällrendatur Seibelsdorf an Bayern abgetreten. Mit der Verordnung vom 16. November 1804 zur Organisation der Landämter im Fürstentum Bamberg (Regierungsblatt für die Churpfalzbaierischen Fürstenthümer in Franken, 29.11.1804, S. 273-286.) wurden deren Orte auf die Landgerichte Kronach und Stadtsteinach aufgeteilt.
Nach dem Übergang an Bayern wurde das Amt mit der Einführung der Landgerichte (ä.O.) zum 1. März 1812 von dem neu eingerichteten Landgericht Kulmbach abgelöst.
Der Bestand umfasst aktuell (Stand 2021) 672 Archivalieneinheiten und enthält u.a. Klag- und Streitsachen, Eheverträge und Testamente. Die Gliederung folgt einem für die Justizämter und Stadtgerichte angefertigten Einheitsaktenplan.