Einleitung
1.) Behördengeschichte des Landgerichts ä.O. Gräfenberg (und Neunkirchen a. Brand)
Die Einrichtung des Landgerichts ä.O. Neunkirchen a. Brand erfolgte nach der Übernahme der fränkischen Territorien durch das Kurfürstentum Bayern mit Verordnung vom 16. November 1804 (RBl 1804, 273 ff.). Dem Sprengel des Landgerichts ä.O. Neunkirchen a. Brand zugeschlagen wurden große Teile des ehemals hochstiftisch-bambergischen, am 22. November 1802 an Bayern gefallenen Klosterverwalteramts Neunkirchen a. Brand sowie Teile der hochstiftischen Ämter Regensberg, Leienfels, Wolfsberg, Forchheim und Ebermannstadt (Nachweis der Dörfer bei Bog, Forchheim, S. 96). Durch den bayerisch-preußischen Landesvergleich vom 30. Juni 1803 (RBl 1803, 9 ff.) waren die ehedem markgräflichen Vogteien Hetzelsdorf und Thuisbrunn mit etlichen Orten an Bayern gekommen und dem Landgericht Neunkirchen a. Brand eingereiht worden. Wie die übrigen bayerischen Landgerichte ä.O. erfüllte dieses administrative und gerichtliche Aufgaben zugleich. Der Sitz des Landgerichts befand sich zeitweilig in Marloffstein.
Mit der Mediatisierung der Reichsstadt Nürnberg wurden auch die Pflegämter Gräfenberg und Hiltpoltstein bayerisch. Sie blieben zunächst, wenn auch vergrößert, bestehen. Als infolge der ersten bayerischen Konstitution vom 1.5.1808 das Land erstmals in Kreise eingeteilt wurde, gliederte man das alte bambergische Amt Neunkirchen nicht dem Mainkreis zu sondern dem Pegnitzkreis (Formationsverordnung vom 7.8.1806, RBl 1808, S. 1689f.). Das Landgericht Neunkirchen a. Brand wurde nun mit den alten Pflegämtern Gräfenberg und Hiltpoltstein vereinigt; der Sitz des Landgerichts wurde offiziell im August 1808 von Neunkirchen nach Gräfenberg verlegt, der tatsächliche Umzug erfolgte erst 1813. Durch Purifikationsbefehl vom 10.12.1808 verlor das Landgericht Gräfenberg die Orte Ermreus, Gaiganz, Effeltrich, Kunreuth und Poxdorf an das Landgericht Forchheim; dafür bekam man vom Landgericht Ebermannstadt den Ort Oberzaunsbach und vom Landgericht Schnaittach Ober- und Unterrüsselbach sowie Göppelsbühl.
Auf den Pegnitzkreis folgte zum 1.10.1810 der Rezatkreis, dem die Landgerichte Forchheim und Gräfenberg auch weiterhin zugeordnet blieben. Dies änderte sich erst mit der dritten Kreisreform 1817, bei welcher die beiden Landgerichte an den Obermainkreis (ab 1.1.1838 Oberfranken) überwiesen wurden.
Der Sprengel des Landgerichts ä.O. Gräfenberg blieb bis zu dessen Auflösung 1862 nahezu unverändert. So wurden lediglich 1839 die Gemeinden Marloffstein und Langensendelbach an das Landgericht Forchheim überwiesen sowie mit Wirkung zum 1.10.1857 die Gemeinden Hausen und Thurn.
Bis 1848 existierten zudem als Enklaven im Amtsgebiet die adeligen Patrimonialgerichte, die eine eigene standesherrliche Verwaltungs- und Justizbehörde darstellten, bevor sie zum 23. September 1848 dem jeweils zuständigen Landgericht ä.O. zugeteilt wurden. Dies waren namentlich das Patrimonialgericht Hundshaupten der von Pöllnitz, das Patrimonialgericht Ermreuth der von Künßberg, das Ortsgericht Großengsee der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher von Simmelsdorf, das von Egloffsteinsche Patrimonialgericht Egloffstein, das Patrimonialgericht Ober- und Mittelehrenbach der Herren von Wölckern, das Patrimonialgericht Oberrüsselbach der von Harsdorf sowie das Patrimonialgericht Guttenburg der Freiherren von Haller, alle jeweils für gewisse Orte ihres Sprengels.
Auf Grundlage des Gesetzes über die Gerichtsverfassung vom 10. November 1861 wurden die Verwaltungsaufgaben der Landgerichte von den Justizaufgaben getrennt und für die innere Verwaltung die Bezirksämter, für die Justizpflege die Landgerichte m.O. (später Amtsgerichte) gegründet. In diesem Zuge wurde am 24. Juli 1862 das Landgericht ä.O. Gräfenberg gemeinsam mit dem Landgericht ä.O. Forchheim in das neu gebildete Bezirksamt Forchheim integriert.
2.) Hinweise zum Bestand und zur Benützung
Der Bestand Landgericht ä.O. Gräfenberg war bisher nahezu ausschließlich in Band 1 des Altrepertoriums "Bezirksamt Forchheim" (K 9/I) erschlossen; die beiden weiteren Findmittel enthielten vornehmlich Akten nach 1862. Sämtliche Akten des alten, ehemals in drei Bände aufgeteilten Bestands "Bezirksamt/Landratsamt Forchheim (K 9 Nrn. 1-11029) wurden 2010 durch Herrn Johannes Kempf M.A. auf Provenienz und Laufzeiten hin überprüft bzw. teilweise elektronisch neu erfasst. Nur die vor dem 24. Juli 1862 gänzlich abgeschlossenen Vorgänge wurden dem Bestand Landgericht ä.O. Gräfenberg zugeführt. In einigen Fällen wurden zu diesem Zweck auch Akten getrennt und auf unterschiedliche Provenienzen aufgeteilt. Die Titelbildung erfolgte in der Regel nah an den ursprünglichen Aktenbetreffen; Sondermaterial wie Karten und Pläne wurde durch Enthält-Vermerke erfasst.
Ansässigmachungs- und Verehelichungsakten fehlen in diesem Bestand leider völlig. Dass solche vorhanden waren zeigen die beiden Repertorien des Bezirksamts Forchheim (K 9 Nrn. 11043 und 11044). Es fehlten auch Akten aus den Registraturen der Distriks- und Lokalschulinspektionen. Die Zweitschriften der Pfarrmatrikel befinden sich im Selektbestand K 23. Parallel zur Benützung heranzuziehen sind die ebenfalls neu erstellten Findbücher zum Landgericht ä.O. Forchheim und zum Bezirksamt/Landratsamt Forchheim. Nicht selten wurden Akten der Vorgängerbehörde vom Bezirksamt nahtlos fortgeführt. Für die gesamte Bestandsgruppe gelten bis zur endgültigen Formierung des Bestandes weiterhin die K 9-Signaturen.
Für die Gliederung des Bestandes wurde der von der Regierung des Obermainkreises 1837 erlassene Aktenplan für die oberfränkischen Landgerichte zugrunde gelegt (Intelligenzblatt für den Obermainkreis 1837, Extrabeilage Nr. 175). Die Gliederungstiefe bleibt allerdings auf die Haupt- und Obergruppenebene beschränkt. Als weitere Sortierungskriterien bei der Verzeichnung dienen das maßgebliche Ortsschlagwort, ggf. Personenschlagworte und schließlich die Laufzeit.
Es fanden sich nur mehr ganz wenige vorbayerische Akten im Bestand. Die meisten dieser Akten waren bereits vor längerem entnommen worden. Sie sind, wie die nun zusätzlich entnommenen, gemäß ihrer Provenienz (z.B. bamberg. Amt Neuenkirchen, ...) entweder den Akten des Hochstifts Bamberg oder des Markgraftums Brandenburg-Bayreuth eingefügt worden. Akten des alten reichsstädtisch nürnbergischen Pflegamts Gräfenberg bis 1808 wurden an das Staatsarchiv Nürnberg abgegeben. In einen Auffangbestand unter der Bezeichnung "Adel, neuverz. Akten" überführt und mit neuen Nummern versehen wurden die in geringer Anzahl vorhandenen Unterlagen der Patrimonialgerichte Egloffstein, Thurn, Pommersfelden, Kunreuth und Simmersdorf. Entnommen wurde auch eine größere Anzahl von Akten der Provenienz Landgericht ä.O. Herzogenaurach. Die Justizüberlieferung des Landgerichts ä.O. Forchheim befindet sich derzeit noch in der Überlieferung der Amtsgerichte.
Bamberg, den 18.03.2011
Dr. Klaus Rupprecht