Einleitung
Nach ersten Kontakten mit der damals noch Staatliche Berufsfachschule für Korbflechterei genannten Institution im Jahr 2006 gelang es nach längeren Verhandlungen mit der dortigen Schulleitung einen für beide Seiten gangbaren Weg für die Übernahme der bis in die Gründungszeit der Schule (1904) zurückreichenden Unterlagen zu finden. Als Haupthinderungsgrund entpuppte sich die archivgesetzlich manifestierte Forderung für die die Akten abgebende Stelle, dem Archiv ein Verzeichnis der auszusondernden Unterlagen erstellen zu müssen. Von Seiten der Fachschule in Lichtenfels sah man sich vor allem wegen der "Lesbarkeit der alten Schriften" als auch wegen "personell knapper Ressourcen" nicht dazu in der Lage. Eine rasche, vom Staatsarchiv gewünschte Abgabe der Unterlagen wäre wohl auf absehbare Zeit nicht möglich gewesen. Dass der Findbehelf des gegenwärtigen Bestandes nun doch vorliegt, ist insbesondere dem Engagement von Frau Juliette Pörnbacher zu verdanken. Ihr gelang es, im Rahmen eines Berufspraktikums das in Lichtenfels vorhandene Schriftgut innerhalb weniger Wochen fachgerecht zu sichten, zu ordnen und einer archivspezifischen Datenbank zu erschließen. Da die zu übernehmende Altregistratur keine vorarchivische Ordnung aufwies - weder ein Aktenplan noch sonstige Registraturhilfsmittel existierten -, musste sie völlig neu verzeichnet, formiert und strukturiert werden. Danach war eine entsprechende Organisationsstruktur als Aktenplan für die verzeichneten Akten zu erstellen.
Hinweise zur Benützung des Bestands
Die Archivalien des Bestandes wurden von Frau Juliette Pörnbacher 2008 im Gebäude der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung Lichtenfels gesichtet, ausgewählt und elektronisch in einer der FAUST-Datenbank erfasst. Die Verzeichnung wurde anschließend von ihr und Archivamtmann Achim Paulus überarbeitet und überprüft. Die Titelbildung erfolgte in der Regel völlig neu, da nur in Ausnahmefällen auf bestehende Aktenbetreffe der Unterlagen zurückgegriffen werden konnte. Die Inhalte wurden durch Enthält/Darin-Vermerke weiter aufgeschlüsselt. Da ein Aktenplan von Seiten der Fachschule nicht einmal in Ansätzen vorlag, wurde ein völlig neues Gliederungsschema, das das Inhaltsverzeichnis widerspiegelt, nachträglich entworfen und zugrunde gelegt. Als Folge davon weisen im Repertorium die bereits bei der Erstverzeichnung vergebenen Archivaliennummern keine numerische Abfolge auf. Darüber hinaus offenbarte sich die Schwierigkeit, altes Schriftgut aus der Gründungszeit der Schule mit durchwegs "modernen" Akteninhalten miteinander in Einklang zu bringen. Die Unterlagen wurden in der Fachschule im Laufe ihres Bestehens teilweise nur alphabetisch nach Korrespondenzpartnern oder chronologisch abgelegt. Der Gesamtbestand weist eine vielfältige Palette des Schriftguts auf und beinhaltet neben den üblichen Aktenschriftstücken und Geschäftsbriefen einer staatlichen Schule auch Fotos, Bilder, Pläne, Entwurfszeichnungen, Druckschriften, Plakate, Karteien, Medien und sogar Materialsammlungen. Alle dies Unterlagen resultieren aus dem Lehr- und Unterrichtsbetrieb des seit 1904 bestehenden Lehrinstituts. Das vorliegende Repertorium der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung listet insgesamt 889 Archivalieneinheiten, der Gesamtumfang der übernommenen Archivalien beträgt 28,8 lfd. m. Mit dem Archivbestand Staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung Lichtenfels verfügt das Staatsarchiv Bamberg nun neben dem Deutschen Korbmuseum Michelau, der wohl größten in privater Trägerschaft befindlichen Sammlung zur Korbflechterei, über die bedeutendsten archivalischen Quellen zum traditionsreichen Korbflechterhandwerk im oberfränkischen Raum.
Ausgewählte Archivalien wurden bereits im Zuge der von Frau Pörnbacher erarbeiteten kleinen Ausstellung "Kunst und Handwerk. Die Fachschule für Korbflechterei in Lichtenfels von 1904 bis heute" anlässlich der Erstpräsentation des Bestandes vorgestellt, die von Mai bis August 2008 im Ausstellungsraum des Staatsarchivs zu sehen war. Zur Geschichte, den Aufgaben und Zielen der Lichtenfelser Fachschule und weiteren Aspekten der Korbflechterei sei an dieser Stelle auf die Fachliteratur verwiesen:
Literatur in Auswahl:
1. Günter Dippold, Deutsches Korbmuseum Michelau. Begleitbuch zur Dauerausstellung. Michelau 1994.
2. Johannes Pörnbacher, Korbflechterei als Handwerk und als hohe Kunst - Eine Ausstellung im Staatsarchiv Bamberg. In: Nachrichten aus den Staatlichen Archiven Bayerns 55 (Dezember 2008), S. 39-40.
3. Juliette Pörnbacher [Bearb.], "Kunst und Handwerk". Die Fachschule für Korbflechterei in Lichtenfels von 1904 bis heute. Faltblatt zur Ausstellung von Archivalien des Bestands der Staatlichen Fachschule für Flechtwerkgestaltung Lichtenfels im Staatsarchiv Bamberg von Mai bis August 2008.
4. Alfred Schneider, Das Flechthandwerk am Obermain - Geschichte und Gegenwart. Online erschienen am 12.4.2000 auf der Homepage der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Dokument: LWF-Bericht Nr. 24 Kap. 13 (URL: www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/wissen/p_33229.pdf).
Weitere Kontakte mit der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung Lichtenfels ergaben sich im Jahr 2016, als dem Staatsarchiv ein Band mit Wochenberichten zum Betrieb der Musterweidenanlage (Bestellnr. 830) der früheren staatlichen Fachschule für Korbflechterei Lichtenfels von 1908/09 zur Übernahme angeboten wurde. Beim anschließenden Registraturbesuch von Archivrätin Dr. Hannah Hien konnten insgesamt 58 Archivalien aus dem Zeitraum 1909 bis 2005 für die Übernahme ins Archiv gewonnen werden, darunter Unterlagen zur Schulorganisation, zum Lehr- und Schulbetrieb, zur Forschungsarbeit und den Sammlungen der Lichtenfelser Schule sowie Personal- und Schülerakten. Als archivwürdig erwiesen sich auch persönliche Unterlagen aus dem Nachlass des ehemaligen Schulleiters Christoph Will. Viele Akten des Bestandes, insbesondere personenbezogene Lehrer- und Schülerakten, unterliegen noch den Schutzfristen des Bayerischen Archivgesetzes und sind derzeit nicht vorlegbar.
Die Archivalien des Bestands sind derzeit aus Platzgründen in ein Archivaliendepot ausgelagert. Bei Archivalienbestellungen ist daher mit längeren Wartefristen zu rechnen. Die Archivalien sind folgendermaßen zu bestellen:
Staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung Lichtenfels, K 586, Nr. . Bei Veröffentlichungen ist als Quellenangabe neben dem Bestandskürzel und der Archivnummer auch der vollständige Name des Archivbestands zu zitieren, also beispielsweise Staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung (K 586), Nr. 123.
Bamberg, Oktober 2016
Achim Paulus