Einleitung
Zur Geschichte des Amts
Das Territorium des Hochstifts Würzburg wurde von einer Vielzahl von Ämtern geprägt bzw. getragen. Diese Ämterstruktur entwickelte sich, zurückgehend auf burgengestützte würzburgische Besitzkomplexe oder auf ehemalige adelige Burgherrschaften, im Verlauf des 13. Jahrhunderts. Die Amtsburgen bildeten den Mittelpunkt einer mehr oder weniger geschlossenen Grundherrschaft. Dort saßen die adeligen Amtleute als Vertreter des Territorialherren und übten die mit der Grundherrschaft verbundene niedere Gerichtsbarkeit aus. Sie waren aber auch für den Schutz und Schirm der ihnen anvertrauten Untertanen verantwortlich, für die Umsetzung herrschaftlicher Verordnungen, für die Musterung der Untertanen, die Eintreibung der direkten und indirekten Steuern und - wo mit dem Amt oder Teilen des Amts verbunden - die Ausübung der hohen Gerichtsbarkeit. In Verbindung mit den Amtsburgen bildeten sich im Verlauf des späten Mittelalters zentrale Amtsorte mit Markt- oder gar Stadtrechten heraus, in welchen die bürgerlichen Amtskeller saßen, die für die grundherrschaftliche Verwaltung ihres Amts verantwortlich waren. Um 1500 gab es im Hochstift Würzburg ca. 50 Ämter, von welchen zahlreiche erst im 14. und 15. Jahrhundert durch die Erwerbspolitik der Würzburger Bischöfe hinzukamen.
Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert wurde die Ämterstruktur sukzessive reformiert. Nur mehr in ausgewählten Amtsorten (Oberämter) saßen adelige Amtmänner. Diesen waren in der Regel kleinere Sprengel mit einem bürgerlichen Keller zugeordnet, die sowohl die Gerichts- und Policeyfunktion ausübten wie auch für die grundherrschaftliche Verwaltung verantwortlich waren. Eine wirkliche Aufsichtsfunktion der Oberämter über die einzelnen ihnen zugeordneten Ämter lässt sich mit den bisher eingesehenen Quellen und auch anhand der vorhandenen Registraturen nur in Ansätzen erkennen. Hier - wie überhaupt zur Struktur und Funktion der Ämter im Hochstift Würzburg - stehen aber noch eingehende Forschungen aus.
Der Besitz in und um das 1336 zum Marktort erhobene Schlüsselfeld kam aus dem Erbe der Edelfreien von Schlüsselberg an das Hochstift Würzburg. Der Herrschaftsbereich der Schlüsselberger hatte sich vom Oberlauf der Reichen Ebrach bis tief in die Fränkische Schweiz hinein erstreckt und war damit den Machtavancen der umliegenden sich entwickelnden Territorialstaaten ausgeliefert. So kam der letzte männliche Vertreter des Geschlechts Konrad von Schlüsselberg in einer Fehde mit den Bischöfen von Bamberg und Würzburg sowie den Burggrafen von Nürnberg am 14. September 1347 auf Burg Neideck ums Leben. Im Vertrag von Iphofen wurde unter den drei Parteien das Schlüsselberger Erbe verteilt. Dabei bekamen Bamberg und Würzburg zunächst gemeinsam u.a. Schlüsselfeld mit der Burg Thüngfeld. Nach und nach entflechteten die Hochstifte Bamberg und Würzburg die gemeinsamen Anteile. Dazu gehörte auch ein Tauschgeschäft, in welchem das Hochstift Bamberg um 1390 die Würzburger Anteile an Niedersenftenberg und Ebermannstadt sowie das ganze Amt Burgebrach erhielt, während das Hochstift Würzburg den bambergischen Anteil an der Veste Thüngfeld und den Marktort Schlüsselfeld (u.a.) erwarb. Bald darauf konnte Würzburg erreichen, dass Schlüsselfeld mit Stadtrechten versehen wurde (1396). Sitz des adeligen Amtmanns war das Schloss in Thüngfeld.
In der Frühen Neuzeit erfuhr das würzburgische Amt Schlüsselfeld durch Erwerb oder Heimfall adeliger Lehengüter größere Territorialgewinne. Dazu gehörten 1580 die nach dem Tod von Ernst und Philipp von Rüssenbach an das Hochstift heimgefallenen Güter zu Debersdorf, Thüngfeld, Schlüsselfeld, Rambach und Attelsdorf; dann ca. ein Drittelanteil an dem Marktort Lonnerstadt, der zuvor den Nürnberger Bürgerfamilien Rummel und dann Paumgartner gehörte hatte. 1661 kaufte das Hochstift Würzburg das Lehengut Heuchelheim von Christian Friedrich von Crailsheim und verleibte dieses dem Amt Schlüsselfeld ein; kurz darauf fielen die Lehen der von Vestenberg zu Oberrimbach, Unterrimbach und Burghöchstadt heim (1687). Schließlich kamen noch die würzburgischen Lehen zu Frensdorf und Reundorf aus dem Erbe der 1728 ausgestorbenen Familie der Marschalk von Ebneth an das Hochstift.
Die bayerische Statistik von 1803 (Regierungsblatt von Franken 1803 S. 92) nannte am Ende des Alten Reichs folgende amtszugehörige Ortschaften mit Anwesen: Schlüsselfeld (90), Attelsdorf (14), Burghöchstadt (11), Debersdorf (10), Heuchelheim (38), Oberrimbach (26), Rambach (26), Thüngbach (11), Thüngfeld (64), Freihaslach (5), Ilmenau (3), Lonnerstadt (24), Obertaschendorf (2), Possenfelden (6), Reuendorf (7) und Unterrimbach (5). Verwaltet wurde der Sprengel durch einen adeligen Oberamtmann, dann den Amtskeller, der zugleich die Funktionen des Zentgrafen, Forstmeisters, Zöllners und Vogts zu Lonnerstadt ausübte. Tätig waren außerdem ein Amtsschreiber sowie ein Steuereinnehmer (vgl. Würzburger Hof- und Staatskalender von 1800).
Die Auflösung des Amts Schlüsselfeld geschah zum 16. November 1804. Die Hochstifte Würzburg und Bamberg waren im Rahmen der Säkularisation 1802/03 an Kurpfalzbayern gefallen. Während die hochstiftischen Zentral- und Mittelbehörden bereits Anfang Dezember 1802 bzw. im Mai 1803 aufgelöst worden waren, arbeiteten die Ämter als Unterbehörden weiter bis in den November 1804 hinein. Da das Amt Schlüsselfeld im Rahmen eines innerbayerischen Ausgleichs bereits zum 23.4.1804 der "Provinz Bamberg" zugeordnet worden war, erfolgte dessen Auflösung parallel zu den hochstiftisch-bambergischen Ämtern.
Anmerkungen zur Erstellung des Findbuchs und zum Bestandsaufbau
Die heute noch erhaltenen Unterlagen der hochstiftischen Außenämter gelangten über die frühen Abgaben der Landgerichte ä.O. (später Bezirksämter bzw. Amtsgerichte) und der Rentämter in die Staatsarchive. Das hier zur Debatte stehende Archivgut des Amts Schlüsselfeld kam in seinem größten Teil durch Abgaben des Landgerichts bzw. Amtsgerichts und des Rentamts Höchstadt a.d. Aisch an das Kreisarchiv (später Staatsarchiv) Bamberg. Zunächst verblieben die Archivalien in ihren Überlieferungszusammenhängen (Abgabegemeinschaften). Im Zuge der Ordnungsarbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie nach dem 2. Weltkrieg wurden erst die Amts- und Geschäftsbücher entnommen und dem Standbuchselekt (geordnet nach Territorien und innerhalb dieser nach Lehenhof bzw. Ämtern) hinzugefügt; Gleiches geschah mit den umfangreichen Rechnungsserien. Später entnahm man dann - nach dem Stichjahr 1803 - die "vorbayerischen" Akten aus den Amtsgerichts- und Landratsamtsbeständen und stellte sie separat nach den einzelnen hochstiftischen Ämtern auf. Während die Akten der Ämter des Hochstifts Bamberg zunächst unverzeichnet blieben, erschloss man die offenbar leichter greifbaren Teile der Akten des würzburgischen Amts Schlüsselfeld (Bestand StABa, D 3), ließ aber einen erheblichen Teil unberücksichtigt.
Im Zuge der Beständebereinigungsmaßnahmen innerhalb der bayerischen Archivverwaltung gab das Staatsarchiv Bamberg die dem Amt Schlüsselfeld entsprechenden Standbuch- und Rechnungsserien sowie den Aktenbestand D 3 zuständigkeitshalber 1980 an das für die Überlieferung des Hochstifts Würzburg verantwortliche Staatsarchiv Würzburg ab. Dort konnten die Bestände gemäß den vom Staatsarchiv Bamberg abgegebenen Findmitteln mit den dortigen Bestellsignaturen benützt werden. Im Staatsarchiv Würzburg wurde ein geringer Teil des noch unverzeichneten Schriftguts des Amts Schlüsselfeld in den 1990er Jahren von Frau Dr. Heeg-Engelhart erschlossen, der größte Teil des Rests 2020 von Dr. Klaus Rupprecht. Dieser verzeichnete auch die dem Amt Schlüsselfeld zugeordneten Bamberger Standbücher neu sowie die - aus dem Bestand Ritterschaftliche Standbücher des Staatsarchivs Bamberg - in der Zwischenzeit über das Staatsarchiv Nürnberg an das Staatsarchiv Würzburg abgegebenen Urbare und Zinsregister der Rumel bzw. Paumgärtner mit Bezug zu deren Lonnerstadter Besitz. Vier Standbücher fanden sich schließlich noch in der aus Abgaben des Rentamts Iphofen gespeisten Bandserie. Die umfangreichen Rechnungsserien des Amts Schlüsselfeld bearbeitete Johannes Först M.A..
Im Rahmen des provenienzgerechten Aufbaus der Bestände des Hochstifts Würzburg werden als Provenienzbildner jene Behörden, Gerichte und Ämter berücksichtigt, die bei Auflösung des Hochstifts bestanden. Mit Bezug auf die Außenamtsüberlieferung bedeutet dies, dass nur die bei Auflösung der Ämterverfassung des Hochstifts zum 8. bzw. 16.11.1804 bestehenden Ämter mit ihren räumlichen wie sachlichen Zuständigkeiten und Registraturen wieder hergestellt werden. Auf die Bildung eigener Bestände für die kurze Zeit, in welchen die hochstiftischen Ämter bereits bayerisch waren (ab 22./29. November 1802), aber bis zur Neuorganisation am 8.11.1804 wie vorher weiterarbeiteten, wurde verzichtet.
Die doch recht umfassende Überlieferung des Amts Schlüsselfeld im Staatsarchiv Würzburg stellt leider im Vergleich zur sonstigen Überlieferung der hochstiftisch-würzburgischen Ämter eine Ausnahme dar. Dies liegt größtenteils daran, dass die Bestände über den 2. Weltkrieg hinweg im Staatsarchiv Bamberg lagen. Sie entgingen damit sowohl den Archivalienvernichtungen im Rahmen des Angriffs auf Würzburg am 16. März 1945 (Residenz) sowie im Depot auf Schloss Wässerndorf im April 1945. Hier wie dort lagerten die im 19. Jhdt. von Würzburger Archivaren gebildeten Mischbestände des Alten Reichs wie die noch unbearbeiteten frühen Abgaben der Amtsgerichte und Rentämter, die noch die einschlägige Akten- und Bändeüberlieferung der vorbayerischen Zeit beinhalteten.
Verzeichnung, Gliederung, Bestell- und Zitierweise
Die Archivalien wurden in der Regel neu verzeichnet. Im Sinne eines schneller zu erreichenden Ergebnisses wurden zumeist Kurzbetreffe gewählt. Die Gliederung des Akten- und Amtsbuchbestands folgt einem - im Rahmen der Arbeiten des Sachbearbeiters an den Ämtern des Hochstifts Bamberg - selbst entwickelten Aktenplan, der sich jedoch an einen von der Hofkammer des Hochstifts Bamberg 1788 an die Ämter versandten "Plan zur Einrichtung der Amtsregistraturen" anlehnt und den Aufgaben der Ämter folgt.
Als Bestellsignatur gilt die am Anfang eines jeweils neuen Betreffs genannte Nummer; bestellt wird z.B. "Hochstift Würzburg, Amt Schlüsselfeld 345". In gleicher Weise ist der Bestand in Veröffentlichungen zu zitieren. Als offizielles Kürzel für das Staatsarchiv Würzburg gilt StAWü.
Würzburg, 12.1.2021
Dr. Klaus Rupprecht
Lit.: Rudolf Sprandel, Die territorialen Ämter des Fürstbistums Würzburg im Spätmittelalter, in: Jahrbuch für fränkische Landesforchung 37 (1977), S.45-64; Hildegard Weiß, Stadt- und Landkreis Bamberg (Histor. Atlas von Bayern, Teil Franken I/21), München 1974; Erwin Riedenauer, Die Landämter des Hochstifts Würzburg und ihr Personal im 17. und 18. Jahrhundert, in: Würzburger Doözesangeschichtsblätter 37/38 (1975/76), S. 439-465.