Einleitung
Einleitung:
Der vorliegende Urkundenbestand fiel im Zuge der Aufteilung des Archivs der ehemaligen Reichsabtei -seit 1752 Bistum- Fulda im Jahr 1816/17 an das Königreich Bayern. Zum besseren Verständnis der Vorgänge muss hier kurz auf das Schicksal des Territoriums der Reichsabtei nach der Säkularisation eingegangen werden. Im Reichsdeputationshauptschluss wurde das Territorium zunächst dem Fürsten von Nassau-Dillenburg-Oranien zugesprochen. Durch ein Dekret Napoleons fiel es dann am 23. Oktober 1806 an Frankreich und wurde direkt der französischen Militärverwaltung unterstellt. 1810 wurde das Fürstentum Fulda Bestandteil des neu gebildeten Großherzogtums Frankfurt. Im Oktober 1813 besetzten Truppen der gegen Napoleon gebildeten Koalition das großherzogliche Departement Fulda. Durch die Wiener Kongressakte wurde es am 9. Juni 1815 aufgeteilt. Der nördliche Teil fiel an Preußen, der südliche an Österreich. Letzteres trat im Vertrag von München am 14. April 1816 einen Teil seiner erworbenen Besitzungen an das Königreich Bayern ab. Es handelte sich dabei um die ehemals fuldischen Ämter Hammelburg, Brückenau und Weyhers sowie um elf Dörfer im Ulstergrund, die nach der endgültigen Übergabe in das bayerische Landgericht Hilders eingegliedert wurden. Das restliche Territorium der Reichsabtei fiel später an Kurhessen.
Entsprechend der Aufteilung des Territoriums hatte man auch beschlossen, das Archiv der ehemaligen Reichsabtei aufzuteilen. Den neuen Landesherren sollten die Archivalien überlassen werden, die an sie gefallene Gebietsteile betrafen. Somit hatte das Königreich Bayern aufgrund des Münchner Vertrages Anspruch auf den Teil des Fuldaer Archivs, der die an das Königreich gefallenen Ämter und Orte betraf. Zuständig für die ehemals fuldischen Gebietsteile in bayerischem Besitz und damit auch für die entsprechenden Archivalien war die königliche Hofkommission in Würzburg. Nachdem diese einen eigenen Vertreter für die Aussonderung und Übernahme der Archivalien in Fulda bestellt hatte, erfolgte in den Jahren 1816 und 1817 die Übersendung in drei Transporten nach Würzburg.
Ein Teil der nach Würzburg übersandten Archivalien wurde zunächst den Behörden für ihre Verwaltungstätigkeit übergeben und gelangte erst nach und nach ins Archiv. Der Rest wurde direkt an das Archiv in Würzburg abgegeben. Dazu gehörte vermutlich auch der Großteil des vorliegenden Urkundenbestandes. Im Oktober und November 1820 ordnete der damalige Archivar Ignaz Seidner die nach Würzburg gelangten ehemals Fuldaer Urkunden und trug sie in den Band VII des Repertoriums der Würzburger Urkunden ein. Die Einträge von seiner Hand füllen, abgesehen von wenigen Nachträgen, die Seiten 418-547 des Repertoriums. Es folgen auf den Seiten 548 und 549 noch einige Nachträge von verschiedenen Händen.
Einen Zuwachs erhielt dieses Material im Jahr 1841, als eine von dem Archivar Kindlinger angelegte Privatsammlung aufgelöst wurde, die ebenfalls ehemals fuldische Besitzungen betraf. Das dabei nach Würzburg gelangte Material, zumeist Abschriften, aber auch Originale, wurde auf den Seiten 549a-549m im Band VII des Urkundenrepertoriums nachgetragen. Bei der Bearbeitung des Fonds "Hochstift Fulda Urkunden" wurden diese zunächst dem Fonds eingegliedert. Da es aber zumindest bei den Abschriften höchst unsicher ist, ob diese aus dem Fuldaer Archiv stammen, wurden sie bei einer Überarbeitung des Fonds aus diesem herausgelöst und zu einem eigenen Fonds "Sammlung Kindlinger" vereinigt. Die Originale aus der Sammlung Kindlinger verblieben dagegen bei dem Fonds "Hochstift Fulda Urkunden", da sie mit einiger Sicherheit -Kindlinger war von 1806 bis 1816 Archivar in Fulda- aus dem Fuldaer Archiv stammen.
Die Fuldaer Lehenurkunden -unter denen sich auch zwei Urkunden aus der Zeit des Fürstentums Fulda unter den Fürsten von Nassau - Oranien befinden-waren, soweit sie die an Bayern gefallenen Gebietsteile betrafen, ebenfalls 1816/17 nach Würzburg übersandt worden. Sie wurden von März bis Dezember 1821 geordnet. Entsprechend der Ordnung der Urkunden im Würzburger Archiv wurden sie mit den Würzburger Lehenurkunden zusammengelegt und daher auch im Repertorium der Würzburger Lehenurkunden verzeichnet. Die Hauptmasse wurde in den Bänden V und VI des Repertoriums eingetragen.
Veränderungen in dem Urkundenbestand ergaben sich im Jahr 1866, als Bayern das damalige Bezirksamt Gersfeld mit den Landgerichten Weyhers und Hilders an Preußen abtreten musste. Dabei wurden auch die diese Gebietsteile betreffenden Urkunden übergeben, die sich heute im hessischen Staatsarchiv Marburg befinden. Die älteren Urkunden vor 1401 wurden im 19. Jahrhundert nach München abgegeben und kehrten erst wieder -abgesehen von den an Preußen extradierten Stücken- 1993 nach Würzburg zurück.
Den zweiten Weltkrieg haben die ehemals Fuldaer Urkunden in Würzburg ohne Verluste überstanden. Anders sieht es dagegen bei den Lehenurkunden aus. Hier ergaben sich bei der Verzeichnung große Lücken. Eine Überprüfung führte zu dem Ergebnis, dass die fehlenden Urkunden während des Krieges im Schloss Wässerndorf ausgelagert waren. Sie dürften damit beim Brand des Schlosses 1945 vernichtet worden sein.
Im Zuge der Provenienzbereinigung wurden die aus dem Archiv des ehemaligen Hochstifts Fulda stammenden Urkunden im heutigen Staatsarchiv Würzburg aus den Beständen der Würzburger Urkunden und der Würzburger Lehenurkunden herausgezogen und zu einem eigenständigen Bestand Hochstift Fulda Urkunden zusammengeführt. Die beiden Lehenreverse aus der Zeit des Fürsten von Nassau - Oranien wurden dabei bei diesem Bestand belassen, da sie sich zum Zeitpunkt der Auflösung des ehemaligen Fuldaer Archivs dort befanden. Die Ordnung erfolgte chronologisch nach dem Ausstellungsdatum. Dabei wurden die Urkunden auch neu verzeichnet. Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine Verzeichnung im Sinne von Vollregesten, sondern lediglich um Kurzbeschreibungen des Rechtsinhalts. Beigegeben wurden aber für jede Urkunde ein Orts- und Personenregister mit allen in der Urkunde vorkommenden Orten und Personen. Diese wurden im Anhang zu Gesamtregistern zusammengefasst. Dabei ist allerdings beim Personenregister zu beachten, dass technisch bedingte starke Vereinfachungen notwendig wurden. So muss es sich z. B. bei Personen, die mehrfach genannt werden, nicht immer um ein und dieselbe Person handeln, sondern es kann sich auch um mehrere Personen mit dem gleichen Vornamen handeln.
In die Verzeichnung einbezogen wurden auch die in Wässerndorf verbrannten Urkunden. Deren Inhalte wurden -soweit möglich- anhand des Eintrags im Repertorium der Würzburger Lehenurkunden rekonstruiert. An Stelle der Signatur tragen diese Urkunden die Bezeichnung "Urkunde fehlt". Der Bestand umfasst insgesamt 864 Nummern, wovon 604 Stücke noch vorhanden sind.
Dr. Ekhard Schöffler