Einleitung
Zur Behördengeschichte:
Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde zur Verwaltung des ehemaligen Jesuitenvermögens im Erzstift Mainz die Ex-Jesuitenkommission in Mainz eingerichtet. Sie übte die Aufsicht über die nachgeordneten Ex-Jesuitenkommissionen in Aschaffenburg, Heiligenstadt und Erfurt aus und war selbst für die Verwaltung des sogenannten Mainzer Ex-Jesuitenfonds zuständig. Der Zweck dieser Einrichtungen war die Förderung des höheren Schulwesens. Die Ex-Jesuitenkommission Aschaffenburg wurde im Juni 1791 aufgelöst und deren Aufgaben zum Teil durch den dortigen Rezeptor - nun unmittelbar der Mainzer Ex-Jesuitenkommission unterstellt - weitergeführt. Die Berichterstattung der Mainzer Ex-Jesuitenkommission erfolgte direkt an den Kurfürsten.
Von November 1792 bis August 1793 war während der französischen Besatzung in Mainz sowie kurzzeitig 1796 in Aschaffenburg das Vizedomamt Aschaffenburg vertretungsweise mit den Geschäften der Mainzer Ex-Jesuitenkommission betraut. Mit der endgültigen Einnahme der Stadt Mainz durch Frankreich verlagerte sie ihren Sitz schließlich dauerhaft nach Aschaffenburg. Der neue Kurfürst Karl Theodor von Dalberg ordnete nicht lange nach seiner Amtsübernahme noch im Dezember 1802 die Zusammenlegung der Ex-Jesuitenkommission mit der Schulkommission und der Kameraldeputation der Universität zu einer Allgemeinen Schul- und Studienkommission an, um eine einheitliche Schulverwaltung zu schaffen. Der Beschluss trat am 4. Januar 1803 in Kraft.
Nach der Gründung der Schul- und Studienkommission kam es noch mehrfach zu Änderungen der Zuständigkeiten und Bezeichnungen, die im Zuge zukünftiger Verzeichnungsarbeiten erst noch genauer untersucht werden müssen. Die Allgemeine Schul- und Studienkommission wurde mit Verordnung vom 23. Oktober 1805 in die Ober- Schul- und Studieninspektion umgewandelt, die am 14. November 1805 eröffnet wurde. 1806 wurde zusätzlich die Einführung einer Oberverwaltung der Studienfonds angeordnet, die nun ebenfalls für den schon länger auch als Gymnasiums- oder Schulfonds bezeichneten vormaligen Ex-Jesuitenfonds Aschaffenburg zuständig war (der Rezeptor in Aschaffenburg wurde angewiesen, an diese zu berichten). Die genaue Kompetenzverteilung zwischen diesen beiden Einrichtungen konnte im Rahmen der Verzeichnungsarbeiten am Bestand Ex-Jesuitenkommission nicht geklärt werden. 1810 wurde die Oberverwaltung der Studienfonds wieder aufgelöst und die oberste Leitung der Verwaltung des Gymnasiumsfonds der Universitätsfondsadministration unterstellt; die Ober- Schul- und Studieninspektion blieb weiterhin bestehen. Nach der Übernahme des Fürstentums Aschaffenburg 1814 durch Bayern erhielt das Verwaltungsgremium den Titel "Allgemeine Schul- und Studienfondsverwaltung".
Mit der Gründung des Stiftsrentamts Aschaffenburg Ende 1835 wurde dieses mit der Verwaltung der kirchlichen, schulischen und sonstigen wohltätigen Stiftungen, darunter auch der des Gymnasiumsfonds, beauftragt. Das Stiftsrentamt wurde schließlich zusammen mit der Administration der Vereinigten Stiftungen 1892 zum Stiftungsamt vereinigt (ab 1923 Stiftungsadministration, seit 1939 wieder Stiftungsamt Aschaffenburg).
Zum Bestand:
Das Stiftungsamt Aschaffenburg gab das ältere Verwaltungsschriftgut, darunter auch die Überlieferung des Ex-Jesuiten- und späteren Gymnasiumfonds einschließlich des von den Jesuiten übernommenen Archivs des im 16. Jahrhundert aufgehobenen Klosters Himmelthal Anfang des 20. Jahrhunderts an das Staatsarchiv Würzburg ab. Vermutlich gelangte auch das Schriftgut über den linksrheinischen Mainzer Raum und die wenigen die Fonds zu Erfurt und Heiligenstadt betreffenden Unterlagen auf diesem Weg ins Staatsarchiv.
Aufgrund der erweiterten Zuständigkeit der Mainzer Ex-Jesuitenkommission behandeln die Mainzer Protokollbände nicht nur die Angelegenheiten des Mainzer, sondern auch des Aschaffenburger, Erfurter und Heiligenstädter Fonds. Während zum Erfurter und Heiligenstädter Fonds darüber hinaus kaum weiteres Schriftgut im Staatsarchiv Würzburg überliefert ist, sind aus der Verwaltung des Mainzer Fonds einige wenige Amtsbücher und Akten erhalten geblieben. Den größten Teil des Bestands bildet allerdings das Schriftgut über die Verwaltung des Aschaffenburger Ex-Jesuitenfonds. So sind eine Zweitserie der Aschaffenburger Protokollbände bis zur Auflösung der Ex-Jesuitenkommission in Aschaffenburg, eine fast komplette zur Revision eingeschickte Rechnungsserie der Aschaffenburger Kommission bzw. des Aschaffenburger Rezeptors und zahlreiche Akten ausschließlich über Angelegenheiten des Aschaffenburger Fonds überliefert. Die Akten behandeln vor allem die Verwaltung der Güter, Zehntsachen, Kapitalanlagen sowie Bau- und Unterhaltslasten der zum Fonds gehörigen Gebäude.
Die Trennung der verschiedenen Provenienzen orientierte sich soweit möglich an den Registraturvermerken der zuständigen Kommissionen und den zugehörigen Protokolleinträgen. In einigen Fällen, in denen Akten der Aschaffenburger Kommission nach deren Auflösung durch die Mainzer Kommission weitergeführt wurden, waren diese daher zwangsläufig diesem Bestand zuzuordnen. Wenn es inhaltlich sinnvoll erschien, wurden vereinzelt auch Sammelakten mit einer über den 4. Januar 1803 hinausreichenden Laufzeit getrennt.
Die in vorliegendem Repertorium verzeichneten Akten waren bisher überwiegend nur in einem um die Mitte des 19. Jahrhunderts vermutlich durch das Stiftsrentamt Aschaffenburg angelegten Findmittel notdürftig registriert (siehe Rep. 65 II). Aus den dort aufgeführten Akten und Urkunden wurde bereits der neugebildete provenienzreine Bestand Jesuitenkolleg Aschaffenburg (siehe Rep. prov. 16.1-3) ausgegliedert. Die Akten der Ex-Jesuitenkommission Aschaffenburg sowie der dortigen (bzw. zunächst in Himmelthal ansässigen) Rezeptur wurden diesem Bestand als gesonderte Untergruppen angegliedert. Die Neuverzeichnung der restlichen Akten der Allgemeinen Schul- und Studienkommission und ihrer Nachfolgeeinrichtungen aus dem 19. Jahrhundert steht noch aus. Sie können bis dahin mit Hilfe des alten Repertoriums Rep. 65 II bestellt werden.
Hinsichtlich der Überlieferung über den Aschaffenburger Ex-Jesuitenfonds sind bei einer Benutzung ebenfalls weitere in den Jahren 1968-1971 erfolgte Abgaben des Stiftungsamts Aschaffenburg zu berücksichtigen, die auch zum Teil bis in die Zeit der 1770er Jahre zurückreichende Akten enthalten (siehe in Rep. 0.3.1.0. die Gruppe II Gymnasiumsfonds Aschaffenburg).
Würzburg, den 30. September 2010
Annette Wolf M.A.