Einleitung
Bayerische diplomatische Vertreter lassen sich an der Kurie bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. Demgemäß reichen auch die Akten der bayerischen Vertretung beim päpstlichen Stuhl bruchstückweise bis zum Jahre 1606 zurück. Von geschlossenen Beständen kann man freilich erst seit der Amtszeit des Gesandten Marchese d'Antici sprechen, der ab 1769 Vertreter der Kurpfalz, sodann des Herzogtums Zweibrücken und seit 1776 auch von Kurbayern in Rom war. Nach der fluchtartigen Aufgabe des Gesandtenpostens durch d'Antici im Jahre 1798 anlässlich der Besetzung Roms durch die französischen Truppen war Kurpfalzbayern ohne diplomatischen Vertreter in Rom. Erst zu Ende des Jahres 1803 wurde wieder eine bayerische Vertretung eingerichtet, die zunächst die Bezeichnung "Churpfalzbaierische Mission in Rom" führte. Infolge der Einverleibung des Kirchenstaats in das französische Empire durch Napoleon I. war sie in der Zeit von 1810-1815 abermals unterbrochen. Seit der Neubeglaubigung des Gesandten Freiherrn von Haeffelin im August 1815 bestand sie ohne Unterbrechung fort bis zu ihrer Aufhebung am 30. Juni 1934, die durch die nationalsozialistische Reichsregierung aufgrund des Gesetzes über den Neuaufbau des Reiches von 30. Januar 1934 erfolgte. Der Name der Gesandtschaft, der nach der Erhebung Bayerns zum Königreich im Jahre 1806 zunächst "Bayerische Gesandtschaft in Rom" lautete, wurde nach der Einverleibung Roms in das Königreich Italien im Jahre 1870 in "Bayerische Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhl" umgewandelt. Seit 31. Mai 1930 lautete die amtliche Bezeichnung in Angleichung an die Namensführung der übrigen bei der Kurie beglaubigten diplomatischen Vertretungen "Bayerische Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl".
Während der Unterbrechung der offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Bayern und dem päpstlichen Stuhl in den Jahren 1798-1803 und 1810-1815 waren für den bayerischen Hof Agenten in Rom tätig. Bei der Erkrankung des Gesandten Freiherrn von Guttenberg im Jahre 1909 übernahm der preußische Gesandte beim päpstlichen Stuhl in der Zeit vom 21. April bis 27. Oktober die vertretungsweise Führung der Geschäfte der bayerischen Gesandtschaft. Durch den Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 war der Gesandte genötigt, den Sitz der Gesandtschaft von Rom nach Lugano in der neutralen Schweiz zu verlegen. Erst zur Jahreswende 1919/1920 erfolgte die Rückverlegung der Gesandtschaft nach Rom.
Der bayerische Gesandte beim päpstlichen Stuhl vertrat verschiedentlich auch die Interessen von Staaten, die keinen eigenen diplomatischen Vertreter dort beglaubigt hatten, so die von Württemberg und Baden in der Zeit um 1808, von Griechenland nach der Errichtung eines selbstständigen Königreichs bis zur Entsendung eines eigenen Gesandten, ferner in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hin und wieder die Belange des Königreichs Sachsen. Demgemäß finden sich einschlägige Vorgänge in den Beständen der bayerischen Gesandtschaften. Da sie zumeist mit den bayerischen Akten unmittelbar zusammenhängen, konnte eine Aussonderung der betreffenden Stücke nicht durchgeführt werden. Auch mit den Angelegenheiten des souveränen Malteser-Ordens, mit dem Bayern keine eigenen diplomatischen Vertreter austauschte, wurde die Gesandtschaft beim päpstlichen Stuhl betraut.
In der Zeit von Ende Juni 1851 bis 1. Dezember 1865 war der bayerische Gesandte in Rom gleichzeitig an den Höfen von Turin und Neapel beglaubigt. Soweit es ohne Zerreißung der Zusammenhänge geschehen konnte, wurden die Registraturen gesondert. Bei gemeinsam behandelten Angelegenheiten sind stets auch die Bestände dieser beiden Gesandtschaften heranzuziehen.
Die Akten der Gesandtschaft in Rom aus der Zeit bis 1798 gehörten bisher zum Bestand Kasten schwarz des Geheimen Staatsarchivs und umfassten vornehmlich Kasten schwarz 509 und 510. Der Bestand der Jahre 1803-1934 war bislang überhaupt nur in seinem älteren Teil, den sogenannten Haeffelin'schen Akten (Kasten grün 33-38), grob geordnet. Diese stammten von einer Ministerialabgabe des Jahres 1906. Der größere Teil der Gesandtschaftsregistratur kam kurz vor Aufhebung der Gesandtschaft im Juni 1934 als amtlich versiegeltes Gesandtschaftsgut unmittelbar von Rom nach München an das Geheime Staatsarchiv. Ein paar Akten wurden im Juli 1936 noch nachträglich von der Bayerischen Staatskanzlei dem Geheimen Staatsarchiv zugewiesen.
Der gesamte Bestand wurde nunmehr nach den in der "Archivalischen Zeitschrift" Band 46 (1950) dargelegten Richtlinien neu geordnet. Fehlende Stücke wurden kaum festgestellt, der äußere Zustand war bis auf einige wenige Stücke gut. Vernichtet wurden nur Blätter, aus denen weder der sachliche Inhalt noch der Name der behandelten Person erkennbar war, ferner die Ein- und Auslaufstagebücher (Journale). Dem Missstand, dass mehrmals in Schreiben des Gesandten verschiedene Fälle behandelt wurden, wurde durch entsprechende Verweise zu begegnen versucht. Bei den Zeitungsausschnitten, die namentlich von den beiden letzten Gesandten in größeren Umfang als Unterlagen für ihre Berichte gesammelt wurden, finden sich vornehmlich folgende Abkürzungen:
BK = Bayerischer Kurier
Corr = Corriere d'Italia
KV = Kölnische Volkszeitung
KZ = Kölnische Zeitung
M = Messaggero
MNN = Münchner Neueste Nachrichten
OR = L'Osservatore Romano
T = Tribuna
VB = Völkischer Beobachter
Um das Personenverzeichnis nicht zu überfüllen, wurden hektographierte Listen französischer kriegsgefangener Offiziere in Bayern der Jahre 1870/71 (Nr. 2753) nicht aufgenommen.
Für die freundliche Unterstützung bei der Lesung einiger italienischer Schriftstücke bin ich den Herren Kollegen Dr. A. Stengel und Dr. B. Zittel zu Dank verpflichtet. Das Register wurde von Fräulein Dr. v. Hoermann angefertigt.
Edgar Krausen
Reinschrift: Marianne Neudek Nr. 1-421, Ingeborg Thal
Im Dezember 1951
Ergänzende Anmerkungen:
Bei der Anlage des Repertoriums der Bayerischen Gesandtschaft beim Päpstlichen Stuhl wurde die ältere Gesandtschaftsregistratur aus dem Bestand Kasten schwarz 509/1-5 und 510/1-4 herausgenommen und im neuen Repertorium unter "Politischer Schriftwechsel" und an anderen Stellen verzeichnet.
Die Objekte mit den Signaturen 3001-3010 wurden ebenfalls der Gesandtschaftsregistratur aus dem Bestand Kasten schwarz entnommen. Sie sind im Findbuch nur sehr allgemein erschlossen. Allerdings liegt im Repertorienzimmer ein detaillierter Ergänzungsband zu diesen Akten vor, der insbesondere Kopien von Schlagwortverzeichnissen und Betreffsregistern enthält, die Ende des 18. Jahrhunderts angelegt wurden. Sie stammen aus dem Akt Gesandtschaft Päpstlicher Stuhl 485 mit dem Betreff "Registraturverzeichnis der Gesandtschaft".
Päpstliche Nuntien am bayerischen Hofe
Franciscus Serra Cassano, Nuntius, Erzbischof von Nicäa, 1818-1826
Joseph Benedikt Graf Mercy d'Argenteau, Nuntius, Erzbischof von Tyrus, 1826/27-1837
Michel Viale-Prelà, Internuntius, 1837/38-1841
Michel Viale-Prelà, Nuntius, 1841-1845
Karl Morichini, Erzbischof von Nisibi, 1845-1847
Maria Valenziani, prov. Geschäftsträger, 1847-1848
Karl Sacconi, Internuntius, 1848-1851
Karl Sacconi, Nuntius, Erzbischof von Nicäa, 1851-1853
Antonio Saverio de Luca, Nuntius, Erzbischof von Tarsus 1853/54-1856
Flavius Chigi, Nuntius, Erzbischof von Myra, 1856-1861
Matthäus Eustachius Gonella, Nuntius, Erzbischof von Neocessarea, 1861/62-(1865)
Reihe der Gesandten
(Daten ohne weiteren Zusatz bedeuten die Übergabe des Beglaubigungs- oder Abberufungsschreibens)
A. Kurpfalz
Pierucci, Pietro, Agent, 1685 Mai 26 - 1697 März/April (Tod)
Fede, Antonio Maria, Conte de, Agent (seit April/Mai 1701), 1697 Juli 20 (Bericht über Überreichung der Beglaubigung) - vor 1717 Juli 17 (Entlassung)
Mazziotti, Pietro Mario Conte de, Resident, 1717 Juli/August - 1722 April (letzter Bericht)
Coltrolini, Giovanni Antonio, später Cavaliere de, Agent, 1722 Oktober - 1763 7 (Tod)
Quarantotti, Giuseppe, Marchese, Ministerresident (11. April 1763), 1759 Dezember 22 (Bericht über Überreichung der Beglaubigung) - 1765 (Abgang in ein Kloster)
Cantoni, Francesco, interimistischer Geschäftsträger, 1765 Dezember 19 - 1766 Mai 31 (Amtsantritt des Nachfolgers)
Antici, Tomaso, Marchese de Bescia, später Reichsgraf und Kardinal der römischen Kirche, Ministerresident, seit 8. Juli 1769 (Ernennung) bevollmächtigter Minister (seit 29. Mai 1776 auch Vertreter Kurbayerns, ferner Vertreter von Pfalz-Zweibrücken, Polen und Kurköln), 1766 Mai 31 - 1777 Dezember 30 (Vereinigung der Kurpfalz mit Kurbayern)
B. Bayern
Crivelli, Giovanni Battista, Agent und Ministerresident, 1607 September - 1627 April (Berichterstattung)
Crivelli, Francesco, Ministerresident, 1628 September (Berichterstattung) - 1659 Juni 15 (Tod)
Scarlatti, Pompeo de, Abbé, 1678 November 1 (Ernennung) - vor 1703 September 15 (Tod)
Scarlatti, Giovanni Battista, Barone de, Bruder des Vorigen, seit 2. Mai 1686 Vizeminister, dann Minister, 1703 November 10 - 1711 Februar 8 oder 9 (Tod)
Scarlatti, Alessandro Clemente, Barone de, dessen Sohn, seit 12. Oktober 1703 Vizeminister, dann Minister, 1711 (vor) April 11 - 1725 November 13 (Tod)
Scarlatti, Filippo Massimiliano, Barone de, Bruder des Vorigen, seit April 1711 Vizeminister, dann Minister, 1725 Dezember 12 - 1742 Juli (Tod)
Scarlatti, Pompeo, Barone de, Minister, 1742 (Ernennung) - 1765 Juni (Abberufung)
Cordier, Giacomo, Abbé, interimistischer Geschäftsträger, 1765 Juli 1 (Beginn erhöhter Besoldung, anscheinend keine förmliche Beglaubigung) - 1768 November 14 (Tod)
Catena, Gian Francesco, Geschäftsträger, 1768 November 16 (erster Bericht) - 1776 erstes Vierteljahr (Tod)
Antici, Tomaso, Marchese de Bescia, später Reichsgraf und Kardinal der römischen Kirche, bevollmächtigter Minister (auch Vertreter von Polen, Kurköln, der Kurpfalz und von Pfalz-Zweibrücken), 1776 Mai 29 (Ernennung) - 1798 März 10 (Schreiben, dass er den päpstlichen Dienst verlassen habe)
Haeffelin, Kasimir Freiherr von, Bischof von Chersones, später Kardinal der römischen Kirche, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister (nach Unterbrechung Neubeglaubigung 12. September 1815), 1803 Dezember 6 - 1827 August 27 (Tod)
Malzen, Konrad Adolf Freiherr von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1829 Januar 30 - 1831 Juni 27
Mehlem, Franz Anton, interimistischer Geschäftsträger, 1831 Juni 27 (Anzeige) - 1832 Juli 24
Spaur, Karl Graf von, Geschäftsträger, seit 6. März 1839 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1832 Juli 24 - 1854 Oktober 26 (Tod)
Verger, Ferdinand Freiherr von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1855 Februar 21 - 1867 August 6 (Tod)
Sigmund, Josef Hugo von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1868 Januar 7 - 1869 November 6
Tauffkirchen, Karl Graf von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1869 Dezember 4 - 1874 Januar 10
Paumgarten-Frauenstein, Ludwig Graf von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1874 Februar 10 - 1883 Januar 8 (Tod)
Cetto, Anton Freiherr von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1883 Januar 18 - 1906 15 (Tod)
Riederer, Eduard Freiherr von Paar zu Schönau, interimistischer Geschäftsträger, 1906 März 26 - 1906 Mai 4
Guttenberg, Georg Freiherr von und zu, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1906 Mai 10 - 1909 August 2 (Abberufungsschreiben übersandt)
Ritter zu Grünstein (seit Juli 1921 Grönesteyn), Otto Freiherr von, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, 1909 Oktober 27 - 1934 Juni 30 (Aufhebung der Gesandtschaft)