Einleitung
2011 wurde das Archiv der Herrschaft Schwarzenberg nach Franken zurückgebracht und im Staatsarchiv Nürnberg neu erschlossen (zur Familien-, Verwaltungs- und Archivgeschichte siehe allgemein das Vorwort zum Bestand "Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden"!). Darunter befanden sich auch 275 Pakete, die zu Kriegsbeginn 1939 unter der Bezeichnung "Perlustranda" (= Durchzusehendes) verpackt worden waren. In den Bündeln 1-61 enthielten sie die Registratur des Amtes Schnodsenbach (heute Stadtteil von Scheinfeld, Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim). Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen das Schriftgut aus dem letzten Jahrhundert vor der Erwerbung des Amtes durch Schwarzenberg im Jahre 1789. Das Amt Schnodsenbach fungierte als Verwaltungszentrale der zum Kanton Steigerwald gehörenden Rittergüter Schnodsenbach und Burgambach mit (um 1683) 13 zugehörigen Anwesen in Schnodsenbach, 11 Anwesen in Burgambach, 4 Anwesen in Zeisenbronn und 2 Anwesen in Herpersdorf (vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Amt Schnodsenbach 1/13).
Überlieferungs- und Besitzgeschichte des Amtes Schnodsenbach
Der Ort Schnodsenbach ist als Sitz eines Ortsadels seit dem 14. Jahrhunderts belegt. Der benachbarte Ort Burgambach wurde wahrscheinlich schon früh herrschaftlich verbunden. Der Ansitz wurde von Apel von Seckendorff 1361 dem Burggrafen von Nürnberg geöffnet und war 1398 als burggräfliches Lehen im Besitz des Sigmund von Leonrod. 1487 gingen Burg und Gut an die von Zedwitz. Die im Bauernkrieg 1525 wohl zerstörte Burg kam 1558 an Friedrich Albrecht von Heßberg, der sie 1581 an seinen Schwiegersohn Erkinger von Pappenheim verkaufte.
Von 1637 bis 1751 war die Burg wieder im Besitz der von Heßberg zu Schnodsenbach. Nach dem Tode Friedrich Sigmunds von Heßberg (1619-1682) wurden die Besitzungen auf vier Söhne verteilt. Der älteste Sohn Johann Sigmund von Heßberg (1648-1700), kaiserlicher Landrichter, erhielt als sogenannten "landrichterlichen Anteil" Schnodsenbach mit Streubesitz in Zeisenbronn, Burgambach, Herpersdorf, Unterlaimbach und Rosenbirkach. Der zweite Sohn Philipp Sigmund (1651-1723), würzburgischer Erb-Unterschenk, erhielt offenbar das Rittergut Burgambach. Der dritte Sohn, Wolf Sigmund (1661-1725), ansbachischer Oberforst- und Oberjägermeister, erhielt den sogenannten "oberjägermeisterischen Anteil" von Schnodsenbach. Der vierte in der Belehnungsurkunde von 1688 genannte Sohn Hector Sigmund und sein Anteil werden nicht greifbar (Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 2523). Ab 1730 war für die einzelnen Anteile ein gemeinschaftlicher Amtsverwalter eingesetzt, bevor sie 1736 in den Händen des bayreuthischen Hofrats Friedrich Sigmund von Heßberg (1697-1751) wieder vereint wurden (alleinige Belehnung 1738 vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 2868).
Im Erbweg gelangte das Amt nach dem Aussterben der Heßberg zu Schnodsenbacher im Mannesstamm 1751 an die Familie von Oberlender (Belehnung vom 5. Juni 1752, vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 2889), die es 1768 an den nürnbergischen Pfleger Jobst Wilhelm von Furtenbach auf Reichenschwand, den Erbauer des Schlosses in seiner heutigen Gestalt, verkaufte. Von diesem erwarb es 1789 der Fürst von Schwarzenberg für 81.000 fl. rh. (Kaufsdokument vom 8.1.1790 siehe Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 2976). Von 1789 bis 1806 war ganz Schnodsenbach (mit Ausnahme eines einzigen bambergischen Anwesens) im Besitz der Fürsten zu Schwarzenberg. Die Funktion des Schnodsenbacher Amtsverwalters wurde jedoch bereits 1794 ans Stadtvogtamt (später Kameralamt) Scheinfeld übertragen, in dessen Bezirk es 1809 - nach dem Ende des Alten Reiches - endgültig aufging. Auch über diese Zäsur hinaus blieb Schnodsenbach jedoch bis 1850 als Thronlehensbestandteil der fürstlichen Standesherrschaft Schwarzenberg erhalten (vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 3081 und 3163). Die zumeist verpachteten fürstlichen Liegenschaften wurden im 19. Jahrhundert sukzessive veräußert, so das Schloss Schnodsenbach im Jahre 1854 (Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden 3203; Herrschaft Schwarzenberg, Registratur 787/11).
Der älteste Nachweis über eine in zwei Registraturbehältern aufbewahrte Schnodsenbacher Amtsregistratur bezieht sich auf ein (nicht mehr erhaltenes) Register von 1683. 1728 wurden die Burgambacher Akten der Schnodsenbacher Registratur einverleibt (vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Archivverwaltung 58, S. 295-298). Vom Ende der 1720er Jahre stammt wohl auch das älteste erhaltene Repertorium, das sich in 21 Abteilungen und 41 Fächer gliederte (Herrschaft Schwarzenberg, Amt Schnodsenbach 45/9). Beim Verkauf an Furtenbach 1769 wurden die Familienakten und Dokumente über andere Besitzungen den Familien Heßberg und Oberlender ausgehändigt (Herrschaft Schwarzenberg, Amt Schnodsenbach 45/23). 1776 - in der Furtenbach'schen Zeit - entstand das grundlegend neu geordnete, in 48 Abteilungen gegliederte Repertorium des Amtsverwalters Johann Friedrich Traumüller, das der Ordnung des Bestandes bis heute zugrunde liegt (Herrschaft Schwarzenberg, Archivverwaltung 58; Duplikat siehe ebd. 3; zu Traumüller vgl. Herrschaft Schwarzenberg, Amt Schnodsenbach 16/72). Wohl nach der Auflösung des Amtes im 19. Jahrhundert wurden die Unterlagen ins Schloss Schwarzenberg verbracht. Im Februar 1870 lagerten sie in einem neben der Hauptregistratur befindlichen Zimmer auf dem Boden (Herrschaft Schwarzenberg, Registratur 2019). Am 12. September 1934 wurde das Findmittel zum Amt Schnodsenbach von Ferdinand Andraschko einer letzten Revision am Fach unterzogen, mit Fehlvermerken versehen und ein knappes Nachtragsrepertorium erstellt (Herrschaft Schwarzenberg, Archivverwaltung 59), bevor die Archivalien 1939 zu Bündeln verschnürt wurden - für die nächsten 70 Jahre, wie sich herausstellen sollte.
Bearbeitungshinweise
Nach der Übergabe ans Staatsarchiv Nürnberg wurden die Archivalienbündel der "Perlustranda" ab 2013 durch Ferienarbeiter unter der Aufsicht von Dr. Daniel Burger ausgepackt. Dabei wurde die Amtsregistratur Schnodsenbach sogleich als eigenständiger Fonds formiert und mit entsprechender Bestandsbezeichnung und Bestellsignatur versehen. Die Nummerierung, bestehend aus Abteilungsnummer und fortlaufender Nummer, folgt den Signaturen des Altrepertoriums. Für besonders dünne Archivalieneinheiten wurden dabei zum Teil Sammelfaszikel gebildet. Am Ende des Bestandes (Perlustranda Bündelnummer 60) befanden sich etwa 20 unverzeichnete Akten, die teilweise bereits Nummerierungen besaßen. Diese wurden entsprechend eingereiht. Auch ein Teil der im Altrepertorium verzeichneten Archivalien wurde bereits 2013 durch Dr. Burger in FAUST nacherfasst und mit Indexeinträgen sowie Schadenskataster-Zuweisungen versehen.
Der Großteil des Altrepertoriums wurde 2017 durch die Firma Hofmaier (München) retrokonvertiert, durch Gerlinde Maushammer in FAUST eingespielt und durch Dr. Nicola Humphreys überprüft. Dabei wurden die Schreibungen (außer bei Familiennamen) an die moderne Grammatik und Orthographie angepasst sowie Wortstellung und Satzbau behutsam korrigiert. Bei einzelnen Archivalien wurde die Verzeichnung anhand von Aktenautopsie ergänzt und in diesen Fällen das in den Akten enthaltene Sondermaterial (Drucke, Skizzen, Pläne) im "Enthält-/Darin-Vermerk" erfasst. Alle Verzeichnungseinheiten wurden mit Einträgen im Orts- und Personennamenregister versehen. Die Verzeichnungsdaten der nicht mehr vorhandenen Archivalieneinheiten wurden - deutlich markiert mit dem Schlagwort "Fehlt" im Feld "Typ" und natürlich ohne aktuelle Bestellsignatur - ebenfalls aus dem Altrepertorium übernommen, ebenso wie die dort in einem Fall in roter Tinte angegebenen Hinweise auf die im 19. Jahrhundert zum Urkundenselekt entnommenen Urkunden. Weitere vier Entnahmen zum Urkundenselekt waren anhand der alten Urkundenumschläge rekonstruierbar und sind im Bestand "Herrschaft Schwarzenberg, Urkunden" entsprechend gekennzeichnet. Der Schadenskataster wurde - abgesehen von stark auffälligen Schadensbildern (Schimmel) - per Gruppenkorrektur pauschal befüllt.
Zur Gliederung des Bestands wurde der Aktenplan des 18. Jahrhunderts adaptiert. Allerdings wurden die Formulierungen gelegentlich präzisiert und insbesondere der Abschnitt 44 ("Miscellanea") teilweise auf die bestehenden Überschriften verteilt. Auch sonst wurde die Zuweisung der Archivalieneinheiten zum Aktenplan bei der Bearbeitung relativ frei gehandhabt, da der vorgefundene Zustand nicht immer stringent erschien. Der frühere Ordnungszusammenhang bleibt jedoch anhand der im Feld "Registratursignatur/AZ" aufgeführten alten Aktenzeichen weiterhin nachvollziehbar. Die Anordnung der Verzeichnungseinheiten im Findbuchausdruck erfolgt unterhalb der Sachgliederungsebene in chronologischer Reihenfolge.
Bilanz
Bei Abschluss der Erschließungsarbeiten umfasst der Bestand "Amt Schnodsenbach" Akten von 1528 bis 1802, wobei rund 80 Prozent der Zeit von 1700 bis 1789 entstammen und nur 106 Nummern in die schwarzenbergische Zeit hineinreichen. Die Gesamtzahl beläuft sich auf 1.444 Verzeichnungseinheiten (zzgl. 306 Fehlnummern).
Im Bestand reich dokumentiert ist die Besitz-, Verwaltungs- und Alltagsgeschichte des Schnodsenbacher Amtsbezirks. Auch das Kirchen- und Gemeindewesen der zugehörigen Orte und die Privatangelegenheiten der Untertanen sind aufgrund herrschaftlicher Aufsichtsfunktionen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. Vormundschaftsverwaltung) ausgiebig belegt. Als fehlend erweisen sich - neben großen Lücken in den Abschnitten 6 (Ehebruchs- und Unzuchtsachen), 13 (Pacht und Bestand), 15 (Forst- und Jagdsachen), 24 (Policeysachen), 26 (Hohe Todesfälle), 33 (Fischereisachen), 34 (Umgelds- und Gastwirtschaftssachen) und 41 (Neue Mannschaften und Gebäude) - vor allem interne Verwaltungsunterlagen wie Lehenbücher und Urbare (Abt. 42), Registratur- und Aktenverzeichnisse (Abt. 45), Berichtsserien (Abt. 46) sowie Amtsprotokolle (Abt. 48). Die Lehenbücher und Urbare sind in den Bestand Herrschaft Schwarzenberg, Amtsbücher eingegangen, während sich die Gotteshausrechnungen (Abt. 5) jetzt im Rechnungsselekt befinden. Nahezu sämtliche aktuellen Fehlnummern waren bereits bei der letzten Inventarisierung im Schloss Schwarzenberg 1934 nicht mehr am Fach, so dass seit diesem Zeitpunkt keine größeren Verluste eingetreten sind. Zwei Fehlnummern konnten sogar im Laufe der Auspackarbeiten an den "Perlustranda" aufgefunden und dem Bestand wieder eingereiht werden.
Als weitere einschlägige Überlieferung ist nachdrücklich auf die Akten im Bestand "Herrschaft Schwarzenberg, Registratur" hinzuweisen, die das Schriftgut der vorgesetzten Regierung und Kammer in Schwarzenberg ab 1783 (und vorher schon die Quellen zur Hochgerichtsbarkeit des zur Cent Scheinfeld gehörigen Gebiets) dokumentieren. Die Unterlagen über den Streubesitz, den die Schwarzenberg bereits vor 1789 im Schnodsenbacher Amtsbezirk innehatten, befinden sich in den Beständen "Schwarzenberger Archiv" und "Amt Scheinfeld". Die Schnodsenbacher Amtsrechnungen ab 1597 (teilweise auch mit Schloss- bzw. Amtsinventaren) sowie einige jüngere Gemeinderechnungen (ab 1808/09) sind im Rechnungsselekt vertreten. Auch ist zu erwarten, dass aus den bislang nicht vollständig erschlossenen "Perlustranda" künftig noch einzelne Archivalien dem Amt Schnodsenbach zugeschlagen werden. Eine vollständige Neusignierung des Bestands scheint allenfalls nach Abschluss dieser Arbeiten sinnvoll. Erst dann kann außerdem ein bestandsübergreifendes Restaurierungskonzept erarbeitet werden, um die durch Schimmel geschädigten, bislang in der Datenbank als "nicht vorlegbar" gekennzeichneten Archivalien wieder zugänglich zu machen.
Nürnberg, den 17. März 2017
Dr. Nicola Humphreys (unter Vorarbeit von Dr. Daniel Burger)
Achtung: die mit dem Schlagwort "Fehlt" markierten Verzeichnungseinheiten sind im Staatsarchiv Nürnberg nicht vorhanden und können nicht bestellt werden!