Einleitung
1. Das Amt Schneidheim
Die Deutschordenskommende Mergentheim erwarb seit 1285 Patronats- und seit 1329 Besitzrechte in Schneidheim und Umgebung (heute Gde. Unterschneidheim, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) und fasste um 1350 auch in der Reichsstadt Dinkelsbühl Fuß. Zur Verwaltung ihrer Güter und Ordenspfarreien setzte die Kommende einen Pfleger ein, der mit Sitz in Dinkelsbühl auch für Schneidheim zuständig war. 1456 wurde der Besitz sowohl in Dinkelsbühl als auch in Schneidheim an die Kommende Nürnberg verkauft, die wiederum bereits früher erworbene Güter in dieses neue Amt zog. "Mit einer neue Welle von Ankäufen" (z.B. Belzheim 1488 [Hofmann 420, 488]) wurde der Besitz konsolidiert und in das Obervogteiamt Dinkelsbühl sowie mehrere diesem zugeordnete Unterämter bzw. "Ämtlein" (Erzberg, Halsbach, Schneidheim, Weidelbach) unterteilt. Zum Amt Schneidheim gehörten dabei Besitzungen in den Ortschaften Birkenzell, Eck am Berg, Gerau, Königsroth, Oberschneidheim, Unterschneidheim, Sechtenhausen, Stillau, Weyler, Wössingen, ferner die im heutigen bayerischen Lkr. Donau-Ries gelegenen Belzheim, Fremdingen, Hausen, Schlopflohe und Wolfertsbronn.
Zur "besseren Handhabung der Gerechtsame" [Hofmann 488] - hierzu gehörte gemäß dem Anspruch des Ordens auch die Hochgerichtsbarkeit - wurde 1717 das bisherige Unteramt Schneidheim aus dem Komplex herausgezogen und als eigenes, direkt der Kommende Nürnberg unterstehendes Vogteiamt etabliert. In der Verwaltungsreform 1789 blieb Schneidheim zunächst dem Kommendeamt Nürnberg unterstellt, 1792 wurde es jedoch ausgegliedert und wie die im Ries gelegenen Ämter Ederheim, Hürnheim-Niederhaus, Lierheim und Mühlauhof dem Obervogteiamt Reimlingen mit dem Kastenamt Nördlingen unterstellt.
Als 1802/03 das regionale Mittelzentrum, die Reichsstadt Nördlingen, von Bayern in Besitz genommen wurde, deutete sich das Ende auch der Deutschordensgebiete im Ries an. Bayern und Württemberg begannen im November 1805 mit Sequestrierungen - die Besitzungen des Kastenamts Nördlingen wurde am 28. Dezember 1805 besetzt -, die sie in einem Vertrag vom 3. Juni 1806 untereinander bestätigten. Das Amt Schneidheim fiel dabei zunächst komplett an Bayern. 1809 wurde der Deutsche Orden in den Rheinbundstaaten durch ein Edikt Napoleons schließlich auch offiziell aufgelöst. Ein Jahr später arrondierten Württemberg und Bayern durch einen Tauschvertrag ihre Gebiete, wobei das Amt Schneidheim (bis auf die o.g. Belzheim, Wolfertsbronn etc.) Württemberg zugesprochen wurde.
2. Überlieferungsgeschichte
Das Amt Schneidheim weist im Vergleich zu den Riesämtern des Ordens um Nördlingen die Besonderheit auf, dass der größere Teil der Besitzungen im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg (Ostalbkreis) lag. Aus diesem Grund gelangte ein Großteil der Akten über das Oberamt Ellwangen und die Regierung des Jagstkreises (sowie teilweise das Staatsarchiv Stuttgart) in das Staatsarchiv Ludwigsburg, in dessen Findbuchvorwort zum entsprechenden (Pertinenz-)Bestand B 333 (zudem B 328) die Überlieferungsgeschichte näher erläutert ist. Demzufolge gab das Obervogteiamt Dinkelsbühl 1723/24 die Urkunden und Akten, die das kurz zuvor eigenständig gewordene Amt Schneidheim betrafen, an dieses ab, weitere Akten folgten 1784. 1796 entnahm der Schneidheimer Amtsvogt Johann Adam Riß insgesamt rund 120 Urkunden aus der Registratur, fertigte Kopien an (Vgl. Nr. 3) und übersandte die Originale in das neue Ballei- und Deutschordenshauptarchiv nach Mergentheim, wo der Archivar Wenzel Polzer die Urkunden der fränkischen Kommenden an sich zu ziehen versuchte (vgl. Lampe S. 69, Anm. 19).
Nach der Säkularisation und der Inkorporation der fränkischen, bayerischen und teilweise der schwäbischen Deutschordensgebiete in das Königreich Bayern 1806/09 wurde das Gebiet um Nördlingen - sofern bayerisch - zunächst Teil des Oberdonaukreises. Das in den ehemaligen Deutschordensämtern im Ries verbliebene Registraturgut wurde von den bayerischen Nachfolgebehörden aufgenommen oder nach Dillingen in das regionale Archivkonservatorium gebracht. Dillingen wurde in der Folge zum bayerischen Hauptarchiv für Aktengut des Deutschen Ordens, insbesondere weil hier der inzwischen in bayerische Dienste übernommene Archivar Polzer tätig war. Er übernahm 1819 eine große Abgabe aus Mergentheim und 1821 eine weitere aus Stuttgart. Hierhin waren 1809/10 Württemberg betreffende Archivalien aus Mergentheim verbracht worden, darunter auch solche, deren Pertinenzen wenig später bayerisch geworden waren (Oberamt Weiltingen, Unteramt Gebsattel, Stabsamt Nördlingen). Auch befanden sich in dieser Abgabe wohl einige wenige Akten, die über das Oberamt Ellwangen in das Staatsarchiv Stuttgart gelangt waren (s. die Signatur auf Nr. 6). 1830 wurde das Dillinger Konservatorium in Neuburg a.d. Donau mit der dortigen Depotregistratur vereinigt und 1876 zum Kreisarchiv Neuburg aufgewertet. In den folgenden zwanzig Jahren verteilte man die hier konzentrierten Archivalien der fränkischen und bayerischen Kommenden und Ämter (nach Ortspertinenzen) auf die zuständigen Archive, weshalb 1896 auch Nürnberg eine erste Abgabe aufnahm. Nach dem Umzug des Staatsarchivs Neuburg 1989 nach Augsburg gelangten die restlichen Archivalien der schwäbischen Ämter mittelfränkischer Kommenden (dem historischen Provenienzprinzip folgend) 2002 in das Staatsarchiv Nürnberg.
Registraturhilfsmittel des Amts Schneidheim sind im Staatsarchiv Ludwigsburg überliefert. Ihnen zufolge ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Überlieferung verloren gegangen ist.
Der Bestand "Kommende Nürnberg, Amt Schneidheim" wurde aus den in nachstehenden Beständen (Abgabegemeinschaften) Jens Martin M.A. und Jürgen Wyschkon ermittelten Akten, Bänden und Rechnungen gebildet:
Rep. 205 DO-Archivalien bzw. Literalien [=Neuburger Abgabe 1896]
StA Augsburg (Abg. 2002), Kommende Nürnberg, Literalien
StA Augsburg (Abg. 2002), Vogteiamt Schneidheim, Akten
3. Bestand, Struktur und Findbuch
Das vorliegende Findbuch umfasst insgesamt 23 Nummern, die nach einem für die Ämter der Deutschordenskommenden neu entworfenen, an den Aufgaben orientierten zweigliedrigen Thesaurus strukturiert wurden. Hauptsächlich handelt es sich um Niedergerichtsprotokolle und Güterverzeichnisse, zudem ist ein Kopialbuch von 1797 über die nach Mergentheim gesandten Urkunden überliefert. Auffallend ist im Vergleich zu den Riesämtern der Landkommende Ellingen das vollständige Fehlen von Rechnungen, die auch in Ludwigsburg nicht überliefert sind.
Der Bestand wurde von Jürgen Wyschkon verzeichnet, formiert und tektiert. Die zeitgenössischen Aktenbetreffe wurden dabei aus arbeitsökonomischen Erwägungen meist übernommen. Johannes Staudenmaier besorgte leichte Vereinheitlichungen und Korrekturen des Findbuchs und passte es für die digitale Veröffentlichung dem EAD-Standard an.
4. Ergänzende Bestände
Zur Vervollständigung heranzuziehen sind die Überlieferung der Landkommende Ellingen (Rep. 205.1) als übergeordnete Behörde, in der u.a. die übrige Gegenüberlieferung der Rechnungen verwahrt wird, sowie der anderen Riesämter. In der Provenienz "Meistertum Mergentheim, Regierung" bzw. "-, Hofkammer" sind ebenso Archivalien zum Amt Schneidheim zu finden wie im Bestand "Ritterorden Urkunden" (Rep. 205.0). Schließlich ist auf die schon erwähnte Überlieferung im Staatsarchiv Ludwigsburg hinzuweisen.
5. Literatur (in Auswahl)
Hofmann, Hanns-Hubert: Der Staat des Deutschmeisters. Studien zu einer Geschichte des Deutschen Ordens im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation (Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte, Bd. 3). München 1964
Hopfenzitz, Josef: Deutscher Orden zwischen Württemberg und Bayern. Die Okkupation des Ordensbesitzes im Ries, in: Von Akkon bis Wien. Studien zur Deutschordensgeschichte vom 13. bis zum 20. Jahrhundert. Festschrift zum 90. Geburtstag von Althochmeister P. Dr. Marian Tumler O.T. am 21. Oktober 1977 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 20), hg. von Udo Arnold. Marburg 1978
Jaroschka, Walter: Probleme der Schriftgutüberlieferung des Deutschen Ordens in Bayern, in: Mitteilungen für die Archivpflege in Bayern 22 (1976) S. 3-14
Kudorfer, Dieter: Nördlingen (Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben Heft 8). München 1974
Lampe, Karl H.: Die Auflösung des Deutschordenshauptarchives zu Mergentheim, in: Archivalische Zeitschrift 57 (1961), S. 66-130
Seiler, Alois: Unterschneidheim und der Deutsche Orden (Vogteiamt Schneidheim, Kommende Oettingen, Ballei Franken), in: Verein Rieser Kulturtage (Hrsg.): Rieser Kulturtage, Dokumentation, Band VIII/1990; Nördlingen 1991, S. 167-182
Weiß, Dieter J.: Die Geschichte der Deutschordens-Ballei Franken im Mittelalter (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte Reihe IX, Bd. 39). Neustadt a.d. Aisch, v.a. S. 2-12
Weiß, Dieter J.: Deutscher Orden: Territorium und Verwaltung, in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45249> (21.11.2011)
"Vogteiamt Schneidheim (Amtsakten)", Staatsarchiv Ludwigsburg B 333, Findbuchvorwort, URL: www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/einfueh.php (23.01.2014)
J. Staudenmaier, Jan. 2014